Die Speed-Equipe des Österreichischen Skiverbands (ÖSV) will in der Abfahrt endlich wieder anschreiben. Heute (12.15 Uhr/live ORF eins) steigt der Dezember-Klassiker in Gröden, die Abfahrt ist seit 1969 im Ski-Weltcup-Kalender. Nimmt man Trainingsleistungen und Super-G-Resultat vom Freitag her, könnten die ÖSV-Leute erstmals seit Jahren wieder ein Wörtchen bei der Entscheidung mitreden.

Seit dem Rücktritt von Michael Walchhofer ist die Saslong im Grödnertal ein schwieriges Terrain für die Österreicher. Matthias Mayer war hier in der Abfahrt nie besser als Siebenter, Hannes Reichelt kam über Rang elf nicht hinaus. Das beste Resultat aus der aktiven Garde kann Romed Baumann vorweisen, der 2010 immerhin auf Platz zwei stand. Nach Walchhofers Sieg 2008 gingen die Österreicher sechsmal leer aus, 2011 fand keine Abfahrt statt.

Aktuell sind die ÖSV-Herren seit dem 7. März 2015, als Reichelt in Kvitfjell triumphierte, in der Königsdisziplin sieglos. Mit Vorlieben für gewisse Verhältnisse und Strecken kann das freilich nicht erklärt werden. Mit dem Argument einer handfesten Verletzungskrise schon eher, standen doch in der vergangenen Saison auch absolute Topläufer wie Mayer, Reichelt und Max Franz längere Zeit nicht zur Verfügung.

Hoffen auf den Aufwärtstrend

Nach der jüngsten Niederlage in Val d'Isere, wo sich Mayer als ÖSV-Topmann in der Abfahrt als 17. einreihte, war intern Ursachenforschung angesagt. "Wir haben uns zusammengesetzt und analysiert", berichtete Reichelt. Herren-Chef Andreas Puelacher vermisste den Mut zum Risiko bei einigen Athleten. In der vergangenen Woche wurde intensiv in Saalbach und Zauchensee trainiert, um den Läufern die Möglichkeit zu geben, sich Schwung um Schwung an das Limit heranzutasten. Das habe durch die Bank gefruchtet, so der Tenor.

"Es ist ja nicht so, dass wir es verlernt hätten. Val d'Isere ist halt blöd gegangen, da brauchen wir keine Ausreden suchen. Wenn jeder seine zwei Fehler hat, dann ist halt jeder hinten. Jetzt stehen wir ein bisschen besser da", erklärte Franz, der fix von einer Steigerung ausging. "Nach Val d'Isere ist es aber nicht schwer, dass es aufwärtsgeht", flachste sein Kärntner Landsmann Otmar Striedinger.

Mayer kämpft um Top-Fünf-Platz

Für Mayer ist die Reise nach Gröden eine spezielle. Im Vorjahr brach er sich bei seinem Sturzflug am Eingang zur Ciaslat-Wiese zwei Brustwirbel und musste die Saison abschreiben. Erst in Val d'Isere feierte der 26-Jährige vor zwei Wochen sein Renn-Comeback. Im ersten Saslong-Training stellte der Kärntner Bestzeit auf, im zweiten landete er auf dem 22. Platz. Den Super-G beendete er als Vierter. "Ich will jetzt nicht sagen, ich will das morgen gewinnen", meinte Mayer am Freitag. "Ein Top-Fünf-Platz wäre schon drin, wenn ich eine gute Fahrt zeige."

Die großen Favoriten kommen - natürlich, wenn man so will - aus Norwegen. Super-G-Sieger Kjetil Jansrud geht auf sein zweites Speed-Double in diesem Winter los, nachdem er schon in Val d'Isere Super-G und Abfahrt gewonnen hatte. "Kjetil ist Favorit, hinter ihm gibt es mehrere, die gut fahren können, und ich bin einer davon", sagte Landsmann Aksel Lund Svindal nach seinem Ausfall am Freitag.

"Aksel möchte sicher morgen eine Revanche. Er hat letztes Jahr hier dominiert", spielte Jansrud, der auch im Donnerstagtraining der Schnellste war, den Ball zurück. "Aber auch Steven Nyman ist immer stark." Der US-Amerikaner hat bisher dreimal (2006, 2012 sowie 2014) im Grödnertal gewonnen. Südtirol hofft auf den ersten Heimsieg seit 1977, als der Sterzinger Herbert Plank gewann.