Jetzt ist er da, der erste Kinofilm über den Mythos Streif. Wenn man Sie fragt, was Sie über Kitzbühel erzählen würden – was wäre die Antwort?
HANS GRUGGER: Schwierig. Ich würde wohl damit anfangen, dass es die coolste Abfahrt auf der Weltcup-Tour ist.
MAX FRANZ: Das auf jeden Fall.

Aber warum? Ich meine, so viele fahren ja da nicht runter.
GRUGGER: Genau das macht es aus. Man muss ein bisserl verrückt sein, damit man fährt. Auch wenn man das gar nicht merkt, solange man aktiv ist. Erst als ich nach dem Sturz das erste Mal im Starthaus stand, dachte ich mir: Da bin ich im Schuss runter? Arg.
Es gibt so viele Geschichten vom ersten Mal . . .
FRANZ: Mein erstes Mal wäre übrigens in dem Jahr gewesen, in dem du gestürzt bist, Hans.
GRUGGER: Das hätt’ ich nicht gewusst. Ich kann mich ja an nichts mehr erinnern in diesem Jahr . . .
FRANZ: Das Jahr darauf war spannend. Ich hab’ vor der Mausefalle sogar einen Wedler eingebaut, bin nur drei Meter gesprungen und hab’ mir gedacht: Du Depp . . . Und vor der Ausfahrt Steilhang war ich der Erste, der gebremst hat, hat mir mein Trainer dann gesagt.

Klingt nicht so lustig.
FRANZ: Das Video hat lustig ausgeschaut. Das Coole ist: Beim Besichtigen denkst du dir, dass das nicht gehen kann. Aber es geht, auch auf Zug. Und wenn du das tust, fängt es an, Spaß zu machen. Du musst cool bleiben, auch wenn das Netz immer näher kommt. Du musst deine Sache einfach durchziehen.

Was macht jetzt bitte genau Spaß?
FRANZ: Wenn du runterfährst und einen guten Platz hast. Das ist das eine. Das andere ist schwer zu erklären. Du fährst von klein auf Ski, du arbeitest darauf hin, da runterzufahren. Und dann tust du es einfach, oder, Hans?
GRUGGER: Ich glaube, dass es die Herausforderung ist, die dir die Freude bereitet. Es ist das Grundsätzliche, das Bewältigen.

Wie bewältigt man die Streif?
GRUGGER: Die große Herausforderung sind die ersten 30 Sekunden. Als ich das erste Mal gefahren bin, habe ich erst nach dem Steilhang das erste Mal geatmet. Und erst da gedacht: Was war jetzt? Weil davor geht es zack, zack – so schnell, da bist du überfordert und nur beim Kämpfen. Wenn du einbiegst in den Weg . . .
FRANZ: . . . dann schnaufst einmal durch und kannst kurz überlegen: Was war jetzt?

Bei Hans Grugger hat der Berg gewonnen. Ihrem Sturz wird im Film viel Raum gegeben. Schauen Sie bei diesen Szenen zu?
GRUGGER: Ich weiß, dass ich es bin, der stürzt. Weil ich meinen Helm aufhabe, meine Ski angeschnallt. Aber ich sehe nicht direkt mich. Grundsätzlich habe ich Stürze ja nie gerne angeschaut, vor allem wenn jemand bewusstlos daliegt und es ihn durchbeutelt, ist das immer unangenehm. Ich hab’ mir die Szene einmal angeschaut, seither mache ich bei dem Teil im Film kurze Kinopause.

Als Aktiver? Schaut man zu?
FRANZ: Wenn es gut ausgeht, kann ich hinschauen – bei meinen Stürzen. In Beaver Creek war ich auch einmal bewusstlos, das habe ich bis heute nicht angeschaut. Es ist nicht leicht, zu sehen, wie du herumgebeutelt wirst.

Herr Grugger, feiern Sie eigentlich ein zweites Mal Geburtstag?
GRUGGER: Nein. Mein Geburtstag bleibt der, den ich immer gehabt habe. Aber klar ist der Tag etwas Spezielles. Aber ich blicke nur dankbar zurück, dass ich noch die Möglichkeit habe, überhaupt zurückdenken zu können – und das mit relativ klarem Verstand. Deshalb ist der Tag des Sturzes trotzdem ein schöner Tag.

Die Streif hat Ihnen also nicht die Lust am Skifahren genommen?
GRUGGER: Nein, ich bin froh, dass ich noch fahren kann. Ich sage auch im Film etwas: Ich bin der Streif dankbar, dass sie mich am Leben gelassen hat, obwohl ich so einen Sch . . . gebaut habe.

Es gibt viele Sprüche über die Streif. Sie ist wie ein wilder Hund, der bellt. Bellt man nicht zurück, frisst sie einen. Stimmt das?
FRANZ: Also, es gibt viele Stürze, ja. Und die gehen selten glimpflich aus. Dir muss eines klar sein: Du brauchst Respekt. Aber du musst angreifen, attackieren. Das ist der beste Weg, um gesund zu bleiben.

Also ist es ein Kampf?
FRANZ: Ja, nur um runterzufahren, ist das der falsche Platz.
GRUGGER: Sagen wir so: Du musst der Chef sein, bestimmen. Du musst einen Schritt voraus sein. Wenn dir die Piste Aufgaben gibt, wird es gefährlich.

Kann man die Fahrt mit irgendwas vergleichen? Wie ist es?
GRUGGER: Ich kann es nicht, und ich habe schon ein paar spannende Sachen gemacht. Beim Fallschirmspringen springst du, aber nach fünf Sekunden ist alles vorbei. Auf der Streif schiebst du an und denkst 30 Sekunden nicht . . .
FRANZ: Schön ist es. Die Spannung im Starthäusl! Was sich da im Körper zusammenbraut, ist ein Wahnsinn. Ein cooles Gefühl, aber schwer zu beschreiben.

Nach dem Film – das Leben als Schauspieler wäre . . .
GRUGGER: Nichts für mich.
FRANZ: Wieso nicht?
GRUGGER: Nein. Ich studiere lieber. Aber du als George Clooney, das würde ja passen, oder?
FRANZ: Haha.

INTERVIEW:
MICHAEL SCHUEN