Kaum sind Sie zurückgetreten, stöbern man Sie schon wieder im Schnee?
HERMANN MAIER: Bei diesen Bedingungen...Ich war mit meinem Bruder auf der Zehnerkarspitz in Obertauern. Minus zehn Grad, ein eisiger Wind, dafür perfekte Tiefschneehänge. Grandios. Ein Luxus, der früher einfach nicht möglich gewesen wäre so kurz vor dem Weltcupstart.

Über drei Jahrzehnte stand der Schnee in Ihrem Leben für Training und Wettkampf, zukünftig wohl ausschließlich für Spaß?
MAIER: Spaß am Schifahren hatte ich immer. Aber klar, früher hat sich alles nur um den Rennsport gedreht. Oft 24 Stunden lang. Du hast trainiert, gegrübelt, getüftelt und schon während des Ergometerfahrens im Herbst habe ich mich auf die Kitzbüheler Streif oder in ein anderes Großereignis versetzt und mir gedacht, wo ich Zeit gewinnen kann.

Drei Tage sind seit Ihrem - für viele doch - überraschenden Rücktritt vergangen. Wie haben Sie die Reaktionen der Öffentlichkeit und auch der Medien empfunden?
MAIER: Es war überwältigend, wie meine Entscheidung vielen Fans zu Herzen gegangen ist. Da hat es mir beinahe die nächsten Tränen herausgedrückt, ehrlich. Oft hat es den Anschein gehabt, als hätten die Leute Sorgen, dass es mich nicht mehr gibt, dass ich aus der Öffentlichkeit verschwinde. So wird es aber nicht sein.

Sie sind als Maurer sehr spät in den Weltcup gekommen. Auch, um großes Geld zu verdienen?
MAIER: Niemals, das unterscheidet mich auch von vielen Kollegen, die den Sport schon lange Zeit als Beruf gesehen haben. Ich habe ja als Maurer Geld verdient und wollte nur erfolgreich sein.

Dennoch sind Sie längst Multi-Millionär. Inwieweit hat sich Ihre Beziehung zu Geld über die Jahre verändert?
MAIER: Gar nicht, ich versuche nach wie vor sparsam zu sein. Klar, lässt es sich mit einer finanziellen Sicherheit leichter leben, aber Glück, Gesundheit oder Zufriedenheit gibt es gottlob nicht zu kaufen.

Sie wären noch reicher, hätten Sie Ihren Wohnsitz, sagen wir, nach Monte Carlo verlegt. Gab es irgendwann einmal diesbezügliche Überlegungen?
MAIER: Ratschläge in dieser Richtung gab es öfter. Aber ich glaube, dass es vor allem uns Schifahrer auszeichnet, dass wir ganz besonders mit unserem Land und den Menschen verbunden sind. Ich liebe es ganz einfach im Winter in Flachau und im Sommer am Attersee zu leben, im Kreise der Familie und Freunden - schöner könnte es nicht sein. Und schließlich kommen meine Steuern auch anderen zu Gute.

Einer, der sein Vermögen lange Zeit in Monte Carlo bunkerte, war Thomas Muster, zudem es doch einige Parallelen gibt. Als er zurückgetreten ist, hat er zwischenzeitlich Kette geraucht und gut 25 Kilo zugelegt. Ist ein Hermann Maier mit Wohlstandsbauch denkbar? MAIER: Ich esse gerne und viel und das werde ich auch künftig. Ich habe, so glaube ich, nicht die Veranlagung für einen Bauch, aber ich muss körperlich sicher einiges weitermachen.

Gibt es so etwas wie einen unerfüllten Traum?
MAIER: Nein, ich kann behaupten, dass ich mir meine meisten Träume erfüllen konnte. Alles andere, also neue Träume, müssen erst entstehen und dann auch reifen.

Sie sind es gewohnt, dass die Leute zu Ihnen aufschauen. Vor wem ziehen Sie den Hut?
MAIER: Vor meinen Fans, die oft unglaubliche Strapazen auf sich genommen haben, um mich bei einem Rennen vor Ort zu unterstützen. Oder vor Menschen, die sich für andere aufopfern, die beispielsweise Kinder bei sich aufnehmen.

ÖSV-Boss Peter Schröcksnadel hat Sie als sensiblen Menschen charakterisiert, der sich über die Jahre einen Panzer zugelegt hat.
MAIER: Meine Welt war die des Risikos, der Hochgeschwindigkeit, des Mutes und permanenten Anspannung. Eine Art Rauschzustand, den man sich auch irgendwie erhalten will. Ich habe immer versucht, mir in der Ruhe die Kraft zu holen. Wenn dann pausenlos jemand von dir etwas will, ist es klar, dass du gewisse Mauern aufbaust. Aber ich habe mich sicher nie abgekapselt.

Das alles ist vorerst Vergangenheit. Da fragt man sich, wohin mit all den Energien?
MAIER: Das Schwierigste wird wohl sein, wieder einen absoluten Kick zu finden. Es wäre nicht sinnvoll, mich jetzt auf ein Motorrad zu setzen und dort irgendetwas kompensieren zu wollen. Mein Gehirn war über viele Jahre auf extreme Situationen und Gefühle programmiert, die Kunst wird es sein, das nun stufenweise abzutrainieren. Beispiel Tourengehen: Natürlich reizen mich die steilsten Hänge am meisten, aber dort lauert auch die größte Lawinengefahr. Da werde ich sicherlich aufpassen müssen und hoffe, irgendwann ein Betätigungsfeld zu finden, dass mich herausfordert und zufriedenstellt.

Wohin könnte Ihre berufliche Reise führen?
MAIER: Ich kann und will gar nichts ausschließen. Ich bin überzeugt, dass sehr viel möglich und denkbar ist, wenn ich es mir richtig in den Kopf setze.

Selbst der Gang in die Politik?
MAIER: Wie gesagt, ich schließe gar nichts aus. Ich habe mir am Donnerstag eh die Parlament-Sitzung angeschaut und es war schon ganz lustig: Der eine gähnt, der andere bohrt in der Nase . . .

Letzte Frage: Kommen Sie zum Weltcup-Auftakt nach Sölden?
MAIER: Das kann ich jetzt noch nicht sagen. Aber das Rennen schaue ich mir an.