Am Samstag startet mit dem Riesentorlauf die Weltcup-Saison in Sölden. Du bist amtierende Gesamtweltcup-Siegerin. Wie fühlt es sich an, als Gejagte ins erste Rennen zu gehen?
MARIA HÖFL-RIESCH: Ich fühle mich eigentlich gar nicht so als Gejagte. Es fängt alles wieder bei Null an. Und den Vorsprung, den ich letzte Saison hatte, kann ich heuer nicht mitnehmen. (schmunzelt)

Olympia-Siegerin, Weltmeisterin, Gesamt-Weltcupsiegerin - hat man da überhaupt noch Ziele, mit denen man in die neue Saison geht?
HÖFL-RIESCH: Die Verteidigung des Gesamtweltcups muss mein Ziel sein. Mein Hauptziel ist aber eigentlich, die richtige Mischung aus Ehrgeiz und Gelassenheit zu finden. Denn ich habe mir mit der großen Kristallkugel meinen großen Traum - mein größtes sportliches Ziel - bereits erfüllt. Alles andere ist Zugabe.

Einen Sieg im Riesentorlauf sucht man vergeblich in deinem Lebenslauf...
HÖFL-RIESCH: Es ist auf jeden Fall ein Ziel für diese Saison. Dass ich in Sölden schon bereit bin, das bezweifle ich eher, obwohl ich noch nie so befreit in die Saison gegangen bin wie heuer. Das ist der schwerste Riesentorlauf der ganzen Saison. Für mich muss im Riesentorlauf alles zusammenpassen, damit ich ganz vorne dabei sein kann.

Liegt deine neugewonnene Lockerheit auch daran, dass der ganz große Druck nach deiner Heim-WM in Garmisch, auf die du so lange hingearbeitet hast, weggefallen ist?
HÖFL-RIESCH: Die letzten drei Jahre waren die wichtigsten meiner Karriere. Ich habe schon nach meinen Verletzungen 2006 und 2007 immer gesagt, dass die WM in Val d'Isere, Olympia in Vancouver und die Heim-WM in Garmisch meine großen Ziele sind. Und rückblickend ist das für mich nicht so schlecht gelaufen.

Nachdem deine wichtigsten drei Jahre vorbei sind: Wie lange planst du, noch auf Profi-Niveau schizufahren?
HÖFL-RIESCH: Es ist so, dass ich bis 2014 plane. Aber man weiß nie, was passiert. Vielleicht ist es ein bisschen früher oder ein bisschen später. Ich entscheide das von Jahr zu Jahr. Ich höre auf meinen Körper. So lange ich mich gut fühle und es mir Spaß macht, werde ich fahren.

Du hast im April deinen Manager Marcus Höfl geheiratet, trägst jetzt einen Doppelnamen. Glaubst du, wird es am Samstag anders sein, wenn du erstmals als Maria Höfl-Riesch ins Rennen gehst?
HÖFL-RIESCH: Nein, das glaube ich nicht. Aber wenn ich ins Ziel komme und meinen Namen auf der Anzeigetafel sehe, wird das sicher eine neue Erfahrung sein.

Wir war die Vorbereitung - hast du etwas Spezielles ausprobiert?
HÖFL-RIESCH: Ich habe sehr viel Wert auf den Kraft- und Ausdauerbereich gelegt. Ich habe meine Ernährung umgestellt, da ich mit Unverträglichkeiten zu kämpfen hatte.

Du hast dadurch einige Kilos abgenommen...
HÖFL-RIESCH: Das stimmt. Ich habe sieben Kilo abgenommen. Das war aber keine Diät, eher ein Nebeneffekt. Ich hoffe, dass mir das nicht zum Nachteil wird. Aber ich fühle mich jetzt besser.

Schladming und Sotschi stehen heuer u.a. auf dem Weltcup-Programm. Worauf freust du dich besonders?
HÖFL-RIESCH: Das Programm wird wieder ein Wahnsinn im Jänner und Februar - vor allem für jene, die vier Disziplinen fahren. Aber es sind viele spannende Orte dabei. Ich freue mich z.B. auch schon auf Bad Kleinkirchheim, da ich das letzte Mal dort verletzt war. Österreich-Rennen sind sowieso immer super.

Stichwort Gesamtweltcup. Wen hast du heuer auf der Rechnung?
HÖFL-RIESCH: Man weiß nie, wie alle drauf sind. Vielleicht taucht eine neue Fahrerin auf. Auch die Österreicherinnen habe ich am Zettel. Bei Elisabeth Görgl hat man in Garmisch gesehen, wozu sie im Stande ist. Wenn sie ein bisschen eine Konstanz bekommt, ist sie sicher eine heiße Anwärterin. Nici Hosp und Marlies Schild sind nach Verletzungen wiedererstarkt. Das könnte spannend werden.

Im Vorjahr hast du Lindsey Vonn um drei Punkte geschlagen. Nicht nur das hat eure Freundschaft offenbar ziemlich belastet, die Situation ist entgleist. Was hat die Aussprache im Trainingscamp in Neuseeland gebracht?
HÖFL-RIESCH: Wir haben noch einmal darüber diskutiert, was letzte Saison passiert ist. Wir mussten aber einsehen, dass unsere Standpunkte zu unterschiedlich sind. Lindsey hat am Ende aber doch einiges eingeräumt. Für mich ist das Thema damit erledigt.

Heißt das, dass eure Freundschaft damit der Vergangenheit angehört?
HÖFL-RIESCH: Lindsey ist für mich eine Konkurrentin wie alle anderen auch. Ich werde sie respektvoll behandeln. Mehr möchte ich darüber nicht mehr sagen.

Du bist von Garmisch nach Kitzbühel übersiedelt. Wie bist du aufgenommen worden und wie fühlst du dich als Wahl-Österreicherin?
HÖFL-RIESCH: Sehr gut, sehr gut! Ich fühle mich sehr wohl in Kitzbühel, ich fühle mich schon zuhause. Natürlich bin und werde ich aber immer in Garmisch verwurzelt sein, das wird immer meine Heimat sein - nicht zuletzt wegen meiner Familie.

Du stehst permanent im Rampenlicht, als Gesamt-Weltcupsiegerin noch mehr. Ein PR-Termin jagt den nächsten. Läufst du manchmal nicht Gefahr, das Eigentliche - den Sport - aus den Augen zu verlieren?
HÖFL-RIESCH: Man muss schauen, dass alles Sinn macht, was man macht. Ich versuche, Termine so gut wie möglich zu bündeln. Ich habe nun einmal einige Verpflichtungen. Zum Glück organisieren mein Mann - mein Manager - und sein Team alles so optimal, sodass ich mich voll auf den Sport konzentrieren kann.

Du hast rechtzeitig zu Saisonstart eine neue Website (www.maria.com.de). Kann sich ein Schi-Star heutzutage noch leisten, nicht im Internet vertreten zu sein - mit eigener Website, auf Facebook, etc.?
HÖFL-RIESCH: Eigentlich nicht. Ich habe mich auch lange dagegen gewehrt. Diese totale Offenbarung gegenüber der ganzen Welt ist irgendwie eine Erniedrigung. Es ist gefährlich, sich im Internet komplett preiszugeben. Aber ich denke, wenn man es richtig anpackt, ist es ein guter Kanal, um mit den Fans zu interagieren. Mittlerweile poste ich auch, habe einen wöchentlichen Video-Blog.