Doppelweltmeisterin, das klinge wirklich gut, sagte Elisabeth Görgl und blickte verträumt in die Runde. Doppelweltmeisterin. Die Steirerin genießt den Moment, sie wird aber eine Zeit brauchen, bis die zwei Goldmedaillen von Garmisch-Partenkirchen so richtig bei ihr angekommen sind. So wie es nach den zwei Bronzemedaillen bei Olympia gewesen war, als dann nach der Saison immer wieder mal "Blitze" und "Erinnerungsfetzen" auftauchten. Doch jetzt ist der Fokus schon auf den WM-Riesentorlauf am Donnerstag gerichtet.

Ein bisschen gefeiert hat die Gewinnerin von Super-G und Abfahrt aber in der Nacht auf Montag, mit ihrem Freund Manuel, mit einem gepflegten Achterl Wein. Görgl gibt nicht oft die Partykönigin, sie wirkte auch leicht irritiert, als sie gefragt wurde, was sie denn gerne so trinke. "Eigentlich sollte ich als Sportlerin so etwas hier nicht sagen", meinte die Rennläuferin, von der dieser Tage aber viele so ziemlich alles wissen wollen.

Zum Beispiel auch, ob sie sich nun auf einer Stufe mit Michaela Dorfmeister, Renate Götschl oder Alexandra Meissnitzer sehe. "Nein, das ist viel zu früh. Das war jetzt eine Riesengeschichte, aber die haben doch so viel gewonnen, so viel geschafft. Ich war dabei, als die 'Dorfi' Doppel-Olympiasiegerin geworden ist. Aber sie war davor auch schon eine Riesen-Respektsperson, sie hatte schon so Großes geleistet und das mit Olympia nur noch unterstrichen."

"Das war eine coole Zeit"

Sie sei in die Speed-Gruppe gekommen, als die drei ihre erfolgreichen Zeiten hatten. "Ich habe sehr viel lernen können. Das war eine coole Zeit." Sie sei jetzt erst so richtig dabei, dass sie es im Speed-Bereich halbwegs auf den Punkt bekomme und neugierig, wie sich das in Zukunft entwickeln werde. Weder von den Pistenbedingungen, noch von der Konkurrenz hat sie sich beeinflussen lassen. Zum einen meinte sie: "Was das Zähsein betrifft, ist mein Level vielleicht weiter oben wie bei anderen. Schlechte Sicht, unruhige Piste, das macht mir nicht so viel." Und zum anderen: "Es war heute ein Rennen, heute waren die am Start. Und ich habe heute gewonnen."

Am Anfang ihres Schifahrerlebens war Görgl eine starke Slalomfahrerin, ihren ersten österreichischen Schülermeistertitel holte sie aber im Super-G. "Mir hat es aber immer schon getaugt, schnell zu fahren, am Anfang ohne Rücksicht auf Verluste." Und natürlich habe sie auch auf große Namen geschaut, und da gibt es einige, an denen ihr etwas imponiert hat. Vreni Schneider ("Wie sie gekämpft hat und ihr Fahrstil"), Pirmin Zurbriggen ("Die Ruhe"), Hermann Maier, Rudi Nierlich ("Ein Genie auf die Schi"), Alberto Tomba, Marc Girardelli. Und eben die bereits genannten Landsfrauen.

Lobende Worte

Wie einst Görgl ihre Kolleginnen Meissnitzer, Dorfmeister und Götschl bewunderte, so ist es jetzt das Trio, das ausschließlich lobende Worte für die Nachfolgerin fand. Meissnitzer, die zuvor letzte rot-weiß-rote Doppel-Weltmeisterin (Vail 1999) als ORF-Co-Kommentatorin, Dorfmeister als Kolumnistin der "Krone" und Götschl, die das Rennen live verfolgt hat. "Sie ist mit Spaß ins Rennen gegangen, das hat man gesehen. Es war eine perfekte Fahrt an genau dem Tag", meinte die Steirerin, die mit ihrem zweiten Kind schwanger ist.

Lange musste Görgl auf die Bestätigung warten, die nun auf einem Schlag so großzügig ausgefallen ist. Warum es gerade in Garmisch passiert ist, dafür gibt es viele Erklärungsversuche. Rennsportleiter Herbert Mandl: "Ihre innere Anspannung hat sie oft blockiert. Das scheint völlig verflogen zu sein. Dass sie zur Eröffnung den WM-Song gesungen hat, war für sie eine sehr positive Ablenkung. Nachher kann man immer sagen, das war alles richtig. Aber irgendwo dürfte für sie vom emotionalen und psychischen her eine gewisse Lockerheit zustande gekommen sein."