Als Ted Ligety vor acht Jahren in Turin Gold in der Kombination gewann, da war die ganze Welt überrascht. 2014 in Sotschi hielt sich die Überraschung in Grenzen. Es war ein logischer Sieg eines Dominators, ein Sieg, den Ligety nur selbst hätte verhindern können. Denn die Logik ist mitunter das Einzige, was bei Olympia nicht hält. Doch schon im ersten Durchgang bewies der 29-Jährige, dass seine Dominanz nicht von ungefähr kommt. Und dass er alles richtig gemacht hatte, um das Gold, das ihm so viel bedeutet, auch wirklich zu bekommen. Ligety ist nun der erste US-Amerikaner, der zwei Goldene bei Olympischen Spielen gemacht hat. "Das", sagte der Mann aus Park City, "war das Rennen, auf das ich am meisten hingearbeitet habe. Ich habe mir viel Druck gemacht für dieses Rennen. Alles durchziehen zu können, gewinnen zu können, das ist eine riesengroße Erleichterung." Denn bei Olympia war Ligety vor vier Jahren schon gescheitert. Und auch hier hatte es weder im Super-G noch in der Super-Kombi geklappt. "Der Druck", sagte er, "war wirklich enorm."

Auf einem Hang, der wie für ihn geschaffen ist. Ein Hang, den sich Ligety aber zusätzlich erarbeitet hat. "Ich habe hier oft trainiert, bin auch Rennen gefahren. Und daher weiß ich, an welchen Stellen man riskieren muss, an welchen sich Risiko nicht auszahlt", sagte Ligety. Ein Beispiel gefällig? Im zweiten Lauf, bei einem der vielen Übergänge, bremste sich Ligety enorm ein. Warum? "Weil ich hier bei fünf Trainings das Tempo ins Flache nicht mitnehmen konnte, wenn ich attackiert habe. Und dann verlierst du unten so viel Zeit, dass es auf jeden Fall schneller wäre, vor dem Übergang ganz stehen zu bleiben. Also habe ich bewusst das Tempo herausgenommen."

RTL-Gold erstmals nach Übersee

Das konnte sich Ligety nach dem ersten Lauf auch leisten. Fast eine Sekunde war er dem Feld mit dem Sensationszweiten Ondrej Bank aus Tschechien enteilt, das reichte, um verwalten zu können. "Aber so leicht ist das auch nicht", erklärte er, "weil wenn du ausfällst, bist du der Dumme, wenn du aber zu viel verwaltest und den Vorsprung verlierst, dann bist du auch der Dumme."

Diesmal aber machte der dreifache Weltmeister von Schladming alles richtig und machte sich damit nebenbei bemerkt zum ersten Nicht-Europäer, der den Riesentorlauf bei Olympia gewann.

In einem Rennen, in dem sich die Favoriten durchsetzten. Oder besser: beinahe. Denn mit Alexis Pinturault auf Platz drei durfte man rechnen, mit Steve Missillier auf Rang zwei allerdings nicht. Und genau der war es, der Marcel Hirscher aus den Podiumsplätzen fuhr. Da spendete sogar Ligety Trost: "Es ist kein schlechtes Ergebnis - aber bei Olympia, da ist es hart. Vor allem, weil er immer auf dem Podium war."

Eine Hoffnung dürfen sich die Gegner nicht machen: dass Ligety bald genug hat. Denn der kündigte an, auch in vier Jahren noch dabei sein zu wollen, in Pyeongchang. Dort, wo er einst sein erstes Weltcuprennen gewonnen hat. 2006 war das.