Beim ersten Blick in den Spiegel waren die Emotionen schon verdaut: "Wasch dich, kampel dich", dachte sich Matthias Mayer. Da hatte der 23-Jährige, der sich am Tag zuvor sprichwörtlich in den Olymp gefahren hatte, den ersten Schauer schon überstanden. Denn der kam schon nach dem Aufwachen. "Da habe ich die Goldene am Nachtkastl gesehen - ein g'scheiter Schauer. Ich hatte Gänsehaut und Tränen in den Augen", erzählte der Kärntner und ergänzte: "Es war ein cooles Gefühl, nicht alles geträumt zu haben."

Nur nichts ändern sollte sich, sagte er vor dem Rennen, wenn er eine Medaille gewinnen würde. Am Tag danach wusste Mayer schon, dass dieser Wunsch so nicht halten wird. Dazu reichte ein Blick aufs Telefon mit rund 500 SMS oder WhatsApp-Nachrichten. Auch auf Facebook war die Zahl der Fans seiner Seite über Nacht von 8000 auf derzeit über 75.000 nach oben geschnellt. "Und das erste Foto, dass ich von mir und der Medaille gepostet habe, das haben über eine Million Menschen gesehen", sagte er schwer beeindruckt, mit der Erkenntnis: "Ich kann das alles noch immer nicht ganz realisieren, ich kann nur den Augenblick genießen, alles auf mich zukommen lassen. Aber dieser Olympiasieg wird mich ein Leben lang begleiten."

Ein harmloser Tanz

Das macht wach, auch wenn die Nacht kurz gewesen war. Mayer genoss den Moment in vollen Zügen. Und als die Titelmusik der TV-Serie Baywatch erklang, tanzte er auf der Bar. Ohne Hemd und Leibchen. "Eines will ich hier klarstellen: Das ist nicht schlimm. Wir hatten eine Gaude, die Familie, die Trainer und ich. Sie haben mich angetrieben, da musste ich doch auf die Bar. Und es war cool." Das Rampenlicht oder gar das Bild dieser Aktion stören nicht. "Die ganze Welt freut sich mit. Angst vor dem Rummel habe ich nicht. Es ist doch cool, mit 23 Jahren schon Olympiasieger zu sein. Ich bin erst am Anfang meiner Karriere und das ist ein großer Brocken, der erledigt ist. Ich kann also künftig beruhigt und auch ein bisschen stolz Rennen fahren."

Für ihn sei die Sache einfach. "Ich habe nur ein Skirennen gewonnen, für mich nichts Besonderes. Aber das, was dieser Sieg wert ist, ist das, was ich noch lernen muss." Man hat wenig Sorge, dass Mayer das nicht schafft. Vorerst gilt es aber, sich wieder zu sammeln, etwa für die Super-Kombination am Freitag oder den Super-G. Was Mayer zu dem sagt, sollte der Konkurrenz zu denken geben: "Da bin ich ja in fast noch einer höheren Rolle als in der Abfahrt." Ja, es hat sich was geändert.