Die Abfahrt von Gröden wird ein richtiges Spektakel. Und man kann davon ausgehen, dass sie nicht nur am Boden, auf dem Schnee entschieden wird. Denn auf keiner anderen Strecke sind die Fahrer so oft und so viel in der Luft wie auf der Saslong. "Ziemlich viel Air-Time", scherzte Hannes Reichelt, selbst begeisterter Flieger, nach dem Training. Denn der Schneemangel hat manche Wellen im Gelände noch betont und Florian Scheiber weiß es genau: "Wir haben im Video herausgefiltert, dass wir 24 Mal in der Luft sind."

Dafür gibt es Spezialisten - in Gröden ist Geschmeidigkeit, gutes Gleiten und eben ein gutes "Flugverhalten" gefragt. Aksel Svindal einmal ausgenommen - denn der ist derzeit überall schnell - gibt es vor allem einen weiteren Mann, den man im Auge haben sollte: Erik Guay, Abfahrts-Weltmeister von 2011. "Wir haben in der Analyse herausgefunden, dass man auf dieser Strecke 35 Sekunden in der Luft ist - und das bei einer Fahrzeit von zwei Minuten. Da ist es klar, dass man in dieser Zeit das Rennen gewinnen oder verlieren kann."

Guay sieht sich selbst als Spezialist für die Wellen. "Man muss sie nützen, um schneller zu werden. Und ich mag vielleicht talentiert sein, aber man kann das auch trainieren. Stell' dir einfach vor: 24 Mal gehst du in die Luft, 24 Mal kannst du aus der Hocke gehen, die Position öffnen - und so mehr Widerstand bieten. Oder du bleibst 24 Mal kompakt, dann machst du da schon Zeit gut!"

Der 32-Jährige hat aber trotz seiner Spezialität in Gröden noch nicht gewonnen: "Und genau deshalb bin ich auch diesmal vorsichtig. Obwohl", ergänzt er, "ich fühle mich irgendwie schon als Sieger. Auch wenn im Jahr 2012 nur Platz drei auf der Ergebnisliste steht." Da lag Guay nach einer fast perfekten Fahrt in Führung, ehe das Wetter sich änderte und Steven Nyman mit Nummer 35 sowie Rok Perko (Nummer 32) die Gunst der Stunde nutzten.

"Wir sind nicht die Götter"

Die Österreicher brauchen wohl auch günstige Bedingungen. Obwohl bis zum Super-G in Gröden in jedem Rennen auf dem Podest, warten Reichelt & Co seit fast einem Jahr auf einen Sieg - trotz der heuer wieder eingeführten Qualifikation. Aber Cheftrainer Mathias Berthold stellt klar: "Wir sind nicht die Götter, die alles in Grund und Boden fahren. Wir haben eine super Mannschaft, aber es gibt eben auch andere Ausnahmefahrer. Svindal ist im Moment schwer zu biegen."