Wie blicken Sie mit etwas zeitlichem Abstand auf Ihr jüngstes Großprojekt, die Ski-Weltmeisterschaft in Schladming, zurück?

Peter Schröcksnadel: Besonders froh bin ich, dass nichts passiert ist. Bei mehr als 300.000 Zuschauern braucht es dazu schließlich nur eine Kleinigkeit. Wir haben alles unternommen um Unannehmlichkeiten und Unfälle zu vermeiden, aber man weiß ja nie. Wir hatten ja nicht das Wiener Stadion, wo alles unter Dach ist, wir mussten mit provisorischen Tribünen im Schnee das Auslangen finden. Organisatorisch können wir sagen, ist uns alles gelungen, nur der Rennunfall von Lindsey Vonn am ersten Tag war schade.

Die kritischen Stimmen der ersten WM-Woche, als Erfolge ausblieben, sind vergessen?

Schröcksnadel: Die erste Woche war zäh, aber es hätte am Ende auch schlechter sein können. Mit Slalom-Gold gewannen wir das wichtigste Event am Ende.

Jetzt können Sie es ja sagen: Haben Sie zwischenzeitlich hinter den Kulissen gepoltert?

Schröcksnadel: Im Gegenteil - ich bin zu den Leuten gegangen und habe Witze erzählt. Du kannst ja in so einer Situation nicht draufhauen. Andere wie Hermann Maier haben das leider getan. Solche Aussagen braucht man zu so einem Zeitpunkt nicht, nachher wäre das Okay.

Wie ist Ihr Verhältnis zu Hermann Maier jetzt?

Schröcksnadel: Eh' gut. Aber in so einer Situation braucht man Hilfestellung und nicht Kritik. Sie kennen das Sprichwort, wer am Schluss lacht ... Sechs Medaillen waren unser Ziel. Es wurden Acht! Ted Ligety (drei Mal Gold, Anm.) war einfach besser.

Was macht er anders?

Schröcksnadel: Wir wissen, woran es lag, und wir waren am Ende der Saison bereits nahe an ihm dran. Er war immer im ersten Durchgang besser, wir im zweiten, wenn Wellen und Schläge auf der Piste waren. Mehr will ich dazu nicht verraten.

Sie klingen voller Tatendrang, in das neue ÖSV-Büro werden Sie wohl auch ziehen. Ein Ende der Präsidentschaft steht trotz Ihrer 71 Lebensjahre nicht zur Diskussion?

Schröcksnadel: Ich bin ja noch gewählt.

Also richten Sie sich im neuen Büro langfristig ein?

Schröcksnadel: Ich habe schon manchmal Gedanken darüber, wie es weitergeht, aber reden möchte ich nicht darüber. Es ist schwierig - was passiert danach? Ich lasse mir alles offen, derzeit geht es nur um Sotschi. Wenn ein Guter da ist, kann er das Amt sofort übernehmen. Aber als ich angefangen habe, hatten wir sieben Millionen Schulden und keinen Erfolg. Das war die Herausforderung! Das ist auch der Grund, warum ich jetzt den österreichischen Sommersport im Hinblick auf die Olympischen Spiele 2016 koordiniere.

Warum tun Sie sich das als Erfolgsmensch an?

Schröcksnadel: Es ist doch immer leicht, in ein gemachtes Bett hineinzuhüpfen. Es ist die Herausforderung, die mich reizt. Wenn du oben bist, geht es doch nur mehr darum, nicht abzustürzen.

Im Winter ist Österreich ja immerhin erfolgreich.

Schröcksnadel: Das stimmt nicht: Streichen Sie die Skifahrer und die Rodler, dann ist man bei null, keine Medaille. Nicht im Eisschnelllaufen, nicht im Eistanzen, nicht im Bobfahren. Wenn es den Skiverband nicht gibt, wären wir auch hier medaillenlos! Als mich der Minister fragte, ob ich im Sommersport helfen würde, sagte ich aus zwei Gründen zu: Ministerium und Österreichisches Olympisches Komitee kommen näher zusammen, außerdem helfe ich auch beim Wintersport abseits des Skifahrens mit. Im Winter werden sie wenige finden, die mehr können, und für den Sommer haben sie keinen gefunden. Außerdem habe ich einen Bezug: Ich war Landesliga-Fußballer, habe geboxt und bin wettkampfmäßig gelaufen.

Was reizt Sie am Sommersport, der ja bei Olympia 2012 in London leer ausging?

Schröcksnadel: Es ist deshalb interessant, weil ich der Meinung bin, dass wir, wenn man ordentliche Strukturen schafft, auch dort erfolgreich sein können. Mit nur einem Athleten kannst du eine Zelle aufbauen, von der der restliche Fachverband auch profitiert. Denken Sie an die kleinen Ringerorte wie Wals oder Götzis: Warum kommen die besten Ringer von dort? Weil sie dort Tradition haben und alle dafür arbeiten. Das musst du unterstützen.

Wie könnte Ihre Hilfe aussehen?

Schröcksnadel: Ich bin die Kontaktstelle zum Minister. Was dem Minister vorgeschlagen wird, bestimme ich. Ich kann mich dafür einsetzen, dass das Umfeld stimmt, dass etwa eine Schwimmhalle nach Tirol kommt. Es geht darum, positiven Einfluss auf die Strukturen zu nehmen. Und es geht um die Frage: Wer hat Chancen auf eine Olympiamedaille? Ziel bleibt Olympia, nicht EM oder WM.

Wie sieht Ihre Arbeit aus?

Schröcksnadel: Ich nehme mit allen Fachverbänden Kontakt auf, recherchiere, lege einen Akt an. Wenn ich was mache, dann ordentlich.

Was weiß einer, der wie ein Sportler denkt, besser?

Schröcksnadel: Ein Beispiel: Es hilft nichts, wenn ein Athlet nach Rio reist und einen Jetlag hat. Man kann überlegen, nicht mit dem Flieger, sondern mit dem Schiff anzureisen. Dabei spart man Energie und kann trainieren. Man kann auch nicht nach Rio reisen und einfach Beachvolleyball spielen - auf Meeresniveau fliegt der Ball anders, auch der Sand ist dort anders. Den werden wir wahrscheinlich einfliegen lassen. Und wenn du in Österreich nicht ordentlich Schwimmen trainieren kannst, musst du nach Amerika. Wohin gingen die Amerikaner, als sie im Skifahren besser werden wollten? Zu den Besten - nach Österreich.

Bis wann ist Ihr Olympia-Projekt anberaumt, wann läuft es aus?

Schröcksnadel: Auf jeden Fall läuft es bis Rio 2016. Es soll nachhaltig sein, aber das Ziel ist schon, dass wir auf fünf bis sieben Sportarten besonderes Augenmerk legen. Ziel ist eine Olympia-Medaille in Rio, das Potenzial ist ja da.

Dann wären Sie der Retter des Sports in Österreich?

Schröcksnadel: So sehe ich mich nicht. Aber in meinem Leben waren Probleme immer das Beste für den Erfolg. Wenn ich ein Problem löse, habe ich Erfolg. Aber wo kein Problem ist - was soll ich da tun? Probleme zu lösen hat mir immer gefallen!