Marcel, waren Sie schon einmal Ski springen?

Marcel Hirscher: Nein, bei uns im Ort war das nicht möglich. Da bist du Ski gefahren, weil jeder Ski fahren war. Es wäre aber interessant gewesen. Sprungkraft hätte ich ja. Aber jetzt bin ich zu schwer und zu dick, nicht?

Gregor Schlierenzauer (lacht): Je nach Reglement ...

Wie steht es denn um Ihre Qualitäten als Skirennfahrer, Gregor?

Schlierenzauer: Mein Dad war Alpiner. Mit zehn Jahren war ich in der Phase, in der ich mich entscheiden musste und Skirennen fahren wollte. Komischerweise hat es sich anders ergeben, über einen Fußballfreund kam ich zum Skispringen. Das hat mir so irrsinnig getaugt, dass ich dabei geblieben bin.

Fußball war für Sie beide ein Thema?

Schlierenzauer: Ich habe bis 14 Jahre im Dorfverein gespielt. Dann war mir die Verletzungsgefahr zu hoch und ich kam ins Skigymnasium Stams.

Hirscher: Ich bin U10-Meister. Fußball war cool.

Schlierenzauer: Welche Position hast du gespielt?

Hirscher: Mitte-rechts.

Das Champions-League-Finale zwischen Dortmund und den Bayern ist wohl Pflichttermin - für wen schlägt Ihr Herz?

Schlierenzauer: Für die Bayern. München liegt näher zu meinem Heimatort, und mit David Alaba spielt ein Österreicher dort.

Hirscher: Das ist natürlich ein Pflichttermin! Ich halte auch zu den Bayern.

David Alaba hat sich, wie Sie, seinen Weg an die Weltspitze gebahnt. Gibt es Gemeinsamkeiten?

Hirscher: Mir kommt vor, dass er brutal bescheiden ist. Er sagt nie: Er ist der Superstar. Soweit ich weiß, hat man das von uns zwei auch nie gehört. Ich glaube, wir alle drei wollen immer besser werden. Bei Alaba kommt mir vor: Er will richtig weiter. Dieses Gefühl habe ich bei Fußballern nicht immer so.

Schlierenzauer: Was ich bei ihm mitbekomme: Er arbeitet seit der Kindheit extrem professionell und war immer im Kader in München. Da sehe ich Gemeinsamkeiten mit unserem Weg, dass ein Team im Team sehr wichtig ist.

Hirscher: So ist es. Wie mein kleines Team aufgestellt wird, ist eine richtig gute Geschichte. So können wir noch flexibler und präziser arbeiten. Es gibt so viel Leerlauf - schade um die verlorene Zeit. Ich möchte täglich schneller werden. Dafür gebe ich alles.

Wir waren vorhin im Turnsaal der Volksschule Dorf an der Pram (Oberösterreich, Anm.). Die tägliche Turnstunde ist immer wieder Thema. Wie beobachten Sie diese Diskussion?

Schlierenzauer: Kinder werden immer dicker und bewegungsfauler. Nur noch eine Turnstunde in der Woche ist mehr als ein Witz. Bis die Kinder umgezogen und im Turnsaal sind, bleiben gerade zehn Minuten zum Bewegen. Die größte Pflicht haben aber die Eltern, die das vorleben. Meine Familie hat sich für mich aufgeopfert. Sie brachte mich zwei- oder dreimal am Tag zum Training. Das war viel Arbeit und ist für einen Spitzensportler oder einen Jugendlichen auf dem Weg dorthin sehr entscheidend. Eine Tendenz fällt mir auf: Wir werden schon alle recht faul.

Hirscher: Als ich aufgewachsen bin, gab es Gameboys. Ich habe Tetris gespielt. Das wurde irgendwann aber fad. Jetzt haben die Kinder viel mehr Unterhaltungsangebot. Wobei: Zwischen Land und Stadt muss man schon differenzieren, das merke ich selbst. Was mich erschreckt: Wenn du durch Wien spazierst, kannst du beobachten, wie Kleinkinder über kleinste Erhebungen stolpern. Es ist schon ein Unterschied, ob Kinder auf der Wiese aufwachsen oder nur den Asphalt kennen.

Die Landtagswahlen in Tirol und Salzburg sind geschlagen. Sind Sie politisch interessiert?

Schlierenzauer: Deine Wahl liegt näher! Du warst am Sonntag dran! Warst du wählen?

Hirscher: Ja.

Schlierenzauer: Ich nicht.

Hirscher: Aber ich misch' mich nicht öffentlich ein. Ich versuche, mich damit auseinanderzusetzen und mir ein Urteil zu bilden, das für mich persönlich Sinn macht.

Wie informieren Sie sich denn selbst?

Hirscher: Über das Internet.

Schlierenzauer: Wenn ich unterwegs bin, verfolge ich es über Internet oder Zeitung. Aber ich bin 23 Jahre alt, und wenn ich ehrlich bin, habe ich zurzeit andere Dinge im Kopf. Da ist Sport die Nummer eins. Natürlich gibt es wichtige Dinge zu entscheiden, aber momentan interessiert mich Politik nicht.

Gregor, was können Sie sich von Marcel abschauen?

Schlierenzauer: Er ist ein sehr professioneller Tüftler und Arbeiter und immer auf dem Boden geblieben. Er strebt immer nach mehr und kann trotzdem genießen. Er kann gut mit Druck umgehen.

Hirscher: Das habe ich von dir gelernt.

Schlierenzauer: Danke.

Hirscher: Mir hilft, dass du so extrem professionell bist. Dadurch kann ich besser argumentieren: Der Schlieri tut sich das auch an, also bestehe ich auch darauf. Wir können uns gegenseitig helfen. Es war für mich fast unvorstellbar, wie der Gregor alles mit so jungen Jahren so hinbekommen hat.

Schlierenzauer: So alt bin ich jetzt aber dann auch noch nicht (lacht) ...

Hirscher: Nein, stimmt schon. Wir sind gleich alt, aber du bist schon viel früher viel mehr in der Öffentlichkeit gestanden als ich.