Hans Pum, der Sport-Direktor des österreichischen Ski-Verbandes (ÖSV), ist, rhetorisch gesehen, ein wahrer Diplomat, selten angriffig in seinen Formulierungen. Doch auch er schüttelte an diesem Tag nur den Kopf. "So was", sagte er, "habe ich in 36 Jahren noch nie erlebt. Dass man eine Entscheidung so wegschiebt." In diesen 36 Jahren, die der Oberösterreicher im Weltcup arbeitet, hat er viel gesehen. Viele Feiertage, viele schwarze Tage. Die Statistik ist nun um einen Tag reicher, der beides vereint: Triumph und Tragödie.

Weltcup und Bergungsnetz

Kurz nach 16 Uhr machte Aksel Lund Svindal den Triumph, den zweiten Gesamtweltcup-Sieg von Marcel Hirscher, offiziell: "Ich werde den Slalom am Sonntag nicht fahren." Damit kann er auch theoretisch die 149 Punkte Rückstand nicht mehr aufholen.

Bleibt die Tragödie - in diesem Fall jene von Klaus Kröll. Sein Super-G endete an der gefährlichsten Stelle im Fangnetz. Ein Fahrfehler, durch Rückenwind verschärft, war der Auslöser. Der Neuschnee neben der Piste machte das Ausweichen unmöglich, es krachte. Erst mehr als eine halbe Stunde später war er im Bergungsnetz des Helikopters und gegen 17 Uhr dann auf dem OP-Tisch in Chur, wo sein Oberarmbruch operiert wurde. Den Diskurs, ob immer etwas passieren muss, bevor etwas passiert, beendete aber auch die OP nicht.

Diese Diskussion in Lenzerheide ist evident. Am Mittwoch hatte Nebel die beiden Abfahrten verhindert, am Donnerstag schienen Schneefall und Wind dasselbe mit den beiden Super-Gs zu tun. Doch gegen Mittag riss es plötzlich auf, aber die Strecke präsentierte sich, so meinten einige, gefährlich. Wegen des Windes und der deshalb schlechten Bodensicht. Also holte FIS-Renndirektor Günter Hujara nach Nummer eins die Meinungen von Teams und Fahrern ein, bevor es weiterging. Bei noch mehr Wind und noch schlechterer Sicht.

Bis Klaus Kröll ging alles gut - nach ihm ging es dafür rund. Das Wetter war noch schlechter geworden, erbost über die lang dauernde Bergung zog ÖSV-Cheftrainer Mathias Berthold seine ganze Mannschaft vom Start ab, "weil ich ihnen die Sicherheit nicht mehr garantieren konnte". Erst dann wurde das Rennen von Hujara abgesagt.

Demokratie bleibt

Das Rennende beendete aber nicht die unterschiedlichen Sichtweisen. Die Norweger und Franzosen wären gerne weitergefahren, andere nicht. Die Schuld sahen alle bei Hujara, der mit der Jury hätte entscheiden sollen. Doch der entgegnet: "Ich wurde als Diktator beschimpft, jetzt frage ich und wieder ist es falsch. Aber es wäre zu leicht, sich nur auf mich zu berufen - die Demokratie wird weitergehen."

Das Weltcupfinale am Freitag übrigens auch - mit dem von vielen ungeliebten Teambewerb.