Willkommen in Schladming. Ist das WM-Fieber schon ausgebrochen?

Marcel Hirscher: Es ist alles fesch herausgeputzt. Das Fieber hält sich aber in Grenzen - noch. Weil noch nicht so viele Fans da sind, weil noch kein Kurs gesteckt ist. Irgendwie warte ich nach Kitzbühel auf den Nachtslalom, der Zeitplan kommt mir noch komisch vor.

Apropos Zeitplan - gibt es schon eine Entscheidung, ob Sie die Super-Kombi fahren?

Hirscher: Eher nein. Es ist praktisch unmöglich, weil das Wetter unseren Plan umgeworfen hat. Training war nicht möglich. Ich will und muss aber Riesentorlauf trainieren.

Die Serie an Podestplätzen ist unglaublich. Es wäre doch verflixt, wenn die gerade bei der WM reißen würde, oder?

Hirscher: Das wär' wirklich ein Schaß, ja. Aber ich war jetzt so oft am Stockerl - worüber sollte ich bei einem Ausfall sudern? Irgendwann fällst du einfach aus - sonst fährst du ja die ganze Zeit nur Halbgas.

Ihnen wird empfohlen, nur ja keine Termine wahrzunehmen, keine Zeitungen zu lesen. Folgen Sie diesen Tipps?

Hirscher: Ich lese sowieso mehr auf meinem iPad. Aber ich möchte mich informieren, was so abgeht in der Welt. Und es interessiert mich ja, was ihr schreibt. Vielleicht muss ich schimpfen - oder loben. Aber wenn ein Scheißdreck drin steht, überleg' ich mir schon, ob ich das nicht noch einmal anspreche. Oder ob ich mir sage: Hilft eh nix.

Wie schaut denn Ihr Tagesplan zurzeit aus?

Hirscher: Zuerst Schnee-Training, wenn es geht. Dann Mittagessen, dann vielleicht eine halbe Stunde auf der Couch, wenn ich müde bin. Danach ab ins Fitness-Studio, dort mindestens eineinhalb, zwei Stunden Training, dann auf die Physiotherapie-Bank - und dann ist es eh schon Zeit fürs Abendessen.

Kochen Sie noch selbst?

Hirscher: Teilweise. Vor allem das Frühstück, mittags meistens auch.

Lenkt Sie das ab?

Hirscher: Nein, es geht mir eher auf die Nerven. Wenn ich koche, will ich es g'scheit machen, aber die Zeit habe ich nicht. Und nur aus Mittel zum Zweck zu kochen, das mag ich eigentlich gar nicht.

Wie tanken Sie dann Energie?

Hirscher: Ich bin aktiv: Physiotherapie, Ausgleichstraining. Man beansprucht jeden Tag dieselbe Muskulatur, aber da gibt es noch einen Haufen andere Teile, die auch Muskulatur sein sollten, daran arbeite ich. Und ich tanke Energie bei ganz normalen Dingen, wie Essen gehen, Kino gehen.

Ins Kino gehen spielt es aber im Moment nicht, oder?

Hirscher: Schon. Ich sag nur nicht, welchen Film ich war. Und ein Freund hat Geburtstag gehabt, da waren wir zum Essen eingeladen. Geil.

Sind Sie eigentlich in der Form Ihres Lebens?

Hirscher: Schwer zu beurteilen. So wie es momentan läuft, ja. Aber ich bin überzeugt davon - und ich muss es sein - dass es immer noch schneller, höher, weiter und besser geht. Das ist mein Antrieb. Wenn ich das aufgebe, fange ich ja an, mich rückzuentwickeln. Und dann ist der Moment gekommen, wo man sagt: Ich hör' auf.

Aber in Ihrem Alter ist das doch kein Gedanke, oder?

Hirscher: Mit dem Alter hat das gar nichts zu tun.

Wie gehen Sie mit dem Druck um, der auf Ihnen lastet?

Hirscher: Man kann sich den Druck einreden lassen und sagen: Ja, ich bin der arme Marcel, jeder erwartet Gold von mir. Beim Nachtslalom im Vorjahr hat sich ja auch jeder erwartet, dass ich gewinne - 50.000 im Stadion und und 1,6 Millionen vor dem Fernseher. Das ist die gleiche Situation wie jetzt bei der WM.

Und was machen Sie?

Hirscher: Ich kann mir nur sagen: Marcel, das einzige was du tun kannst, ist: Raufgehen - und dann gib' ihm, besorg's dir, was geht. Das ist die einzige Chance, dass du den Leuten überhaupt Freude machen kannst. Wenn du lauwarm fährst, geht's nicht, weil dann wirst du Zehnter, Fünfzehnter. Also, was tun wir? Gas geben. Wenn ich dann ausfalle, muss ich halt damit leben.