Klaus Kröll wäre für mich als Titelverteidiger auch heuer der erste Anwärter - ohne seine Verletzung. Die Schweiz ist ohne Cuche und Beat Feuz auf Didier Defago angewiesen. Im Prinzip habe ich mich schon richtig auf die erste Abfahrt des Jahres gefreut - im Schladminger WM-Winter. Die Freude ist aber getrübt, bevor der erste im Rennen aus dem Starthaus hinaus ist, weil es schon wieder eine schwere Verletzung gegeben hat. Und schon wieder hat es Daniel Albrecht erwischt. Ich sage dazu: Das, was er nach dem Horror-Unfall in Kitzbühel geleistet hat, war sensationell. Es muss ihm aber klar gewesen sein, dass es nicht mehr so wird wie vor dem Sturz ins Koma. Ehrlich: Vielleicht wäre es gescheiter gewesen, er hätte aufgehört, wie es Hans Grugger getan hat. Aber andererseits war Skifahren sein Leben, er wusste ums Risiko. Und er wird hoffentlich auch diesmal wieder ganz gesund.

Eine Verletzung hat auch der für mich von der Papierform her legitime Nachfolger von Didier Cuche zu verarbeiten. Klaus Kröll hat für mich das Zeug, die Rolle des Branchen-Primus einzunehmen. Ich kenne ihn ja schon lange genug. Und ich weiß: Er weiß, was er will, er hat technisch zugelegt, er hat die Routine. Aber: Nach seiner Fußverletzung hat er auch keineswegs den Umfang an Training in den Beinen, den er gerne hätte.

Wie gut er wirklich ist, hat er in den ersten beiden Trainings von Lake Louise schon bewiesen. Und wenn ihm hier gleich zu Beginn ein Überraschungscoup gelingt, dann ist trotz Schmerzen außerhalb des Skischuhs alles möglich. Mit dem nötigen Selbstvertrauen kann er Berge versetzen.

Bleiben seine Gegner - und die kommen auch aus dem eigenen Lager. Ich traue etwa Max Franz heuer den großen Durchbruch zu, weil er wirklich ein guter Skifahrer ist. Ich hoffe auch auf Hannes Reichelt, der aber aufpassen muss, um nicht zu verkrampfen. Auch Romed Baumann - trotz Materialwechsels - und Joachim Puchner sind für Top-Platzierungen gut.

Was es einfacher macht, ist die Konkurrenz. Die Schweiz ist ohne Cuche und Beat Feuz auf Didier Defago angewiesen. Die Italiener kommen langsam, aber außer Peter Fill sehe ich nicht viel. Wie auch bei den US-Amerikanern, so lange Bode Miller nicht dabei ist.

Wer bleibt also? In erster Linie die Kanadier rund um Erik Guay, Jan Hudec oder auch Benjamin Thompson. Oder natürlich die Franzosen mit Johan Clarey und Adrien Theaux, die sich stetig entwickelt haben. Mein vielleicht größter Tipp ist aber Aksel Lund Svindal: Er hat die Routine - und das Können sowieso.