Sommer 2001. Michael Jordan befindet sich weiterhin im Basketball-Ruhestand, die NBA sucht nach neuen Gesichtern und High Schooler werden vermehrt im Draft ausgewählt. Mit Kwame Brown, Tyson Chandler und Eddy Curry gehen gleich drei Youngster Prep-to-Pro, nur Pau Gasol durchbricht die Phalanx an Nummer drei.

Scouts sind vermehrt bei High-School-Spielen zu sehen, auch diverse Camps erfreuen sich größter Beliebtheit. Eines davon ist das adidas ABCD summer camp, bei welchem einige Jahre zuvor ein gewisser Kobe Bryant seinen Durchbruch gefeiert hatte. Organisiert wurde das Ganze von Sonny Vaccaro, einer Legende im Scouting für die Sneaker-Giganten. Er verhalf Jordan zu seinem ersten großen Schuh-Vertrag, später tat er gleiches für Kobe bei adidas.

2000 hatte der New Yorker Lenny Cooke bei diesem Turnier den MVP-Titel abgeräumt, ein Jahr später war der Guard erneut dabei. Cooke war in New Jersey der Star, alle anderen Prospects schauten zum Nummer-eins-Spieler Amerikas ehrfürchtig auf. So auch Carmelo Anthony, der vor seiner letzten Spielzeit an der High School stand.

Lenny Cooke: Er fühlte sich unbesiegbar

"Er war die Nummer eins im Land und deswegen haben wir alle geschaut, was Lenny machen würde", erinnerte sich Melo später in der New York Times . "Er war groß, stark und konnte auch passen. Ein bisschen wie Magic Johnson und dazu unglaublich explosiv." 25 Punkte und 10 Rebounds im Schnitt hatte Cooke in der Saison im Schnitt erzielt, die Medien hypten ihn zum nächsten großen New Yorker Star.

Cookes Team schlug das von Carmelo mit Leichtigkeit, die Halle tobte ob der Dominanz des Shooting Guards. Der war ohnehin mit ordentlich Selbstvertrauen auf den Campus der Fairleigh Dickinson University in New Jersey gekommen - mit so viel, dass er auch den anwesenden Kobe, damals frisch gebackener zweifacher NBA-Champion, zum Eins-gegen-Eins herausforderte.

"Es war mir egal, gegen wen ich spielen sollte. Hatte ich meinen Rhythmus, glaubte ich, dass mich niemand auf dieser Welt stoppen könnte", sollte Cooke später seine Gefühlswelt erklären.

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Lenny Cooke: Wer braucht schon Schule?

Cooke war zu diesem Zeitpunkt allerdings bereits 19 Jahre alt, zweimal war er da schon in der Schule sitzengeblieben. Zunächst besuchte er die Schule in Brooklyn, danach wechselte er auf die La Salle Academy in Manhattan, bevor er wenige Monate später New York verließ. Die Familie siedelte nach Virginia um, Cooke jedoch zog zu einer Pflegefamilie nach New Jersey. Ihn quälte die Sorge, dass die Scouts ihn in Virginia vergessen würden.

Doch bereits in New York war Cooke kein normaler Teenager. Agenten umgarnten den potenziellen NBA-Star, der sich jedoch schon früh in New Yorks Clubs vergnügte und das Leben eines Prominenten genoss. In die Schule ging er nur sporadisch, zumeist schlief er lieber aus. Für finanziellen Segen würde schließlich der Basketball sorgen, die schulische Laufbahn stand da lediglich hinten an.

Ein Duell stand für Cooke beim ABCD-Camp allerdings noch aus. Ein damals noch recht unbekannter 16-Jähriger aus Ohio wurde von einigen Scouts als Geheimtipp angepriesen, obwohl Cooke als klarer Headliner das Lineup für das Camp anführte.

LeBron James forderte Cooke heraus

Die Rede ist natürlich von LeBron James, der in Ohio als Sophomore zum besten Spieler des Bundesstaates gewählt wurde. In New Jersey kam es dann zum Duell mit Cooke, der zuvor noch nie etwas von James gehört hatte. Die beiden verteidigten sich gegenseitig und Cooke war schnell beeindruckt von der Ruhe, die LeBron ausstrahlte.

Für Cooke stand einiges auf dem Spiel. Viele Medien, Scouts und Coaches waren wegen ihm gekommen, sie wollten sehen, ob der Hype wirklich angemessen war. Und zunächst lieferte Cooke. Er versenkte einige Jumper über LeBron, doch die Leichtigkeit beim Scoring, die er so oft bei anderen Gegenspielern verspürte, fehlte. Das verunsicherte ihn.

James spielte dagegen wie ein alter Hase seinen Stiefel herunter. Er war gekommen, um als Team zu gewinnen, Cooke wollte dagegen das Scheinwerferlicht. Es war ein enges Spiel, am Ende sollte es auf den letzten Wurf ankommen.

LeBrons Aufstieg ist der Abstieg von Cooke

Cookes Team führte mit zwei Zählern, doch LeBron hatte noch einmal den Ball in der Hand. Er schlug Cooke aus dem Dribbling und nahm aus der Bewegung einen unfassbar schweren Dreier. Ohne Berührung des Netzes ging der Ball durch die Reuse, LeBron zeigte erstmals Emotionen und feierte mit seinen Teamkollegen ausgelassen.

Cooke konnte es nicht fassen. Nicht nur hatte dieser 16-Jährige aus Ohio das Duell klar für sich entschieden (24:9 Punkte), sondern auch noch diesen schier unmöglichen Wurf getroffen. "Wie hat er das gemacht?", fragte Cooke kurz darauf entgeistert einen Freund. Für Vaccaro ist das inzwischen ein historischer Wurf. "Es symbolisiert den Beginn von LeBron und den Abstieg von Lenny Cooke", sagte Vaccaro im Rahmen einer Dokumentation über Cooke. "LeBron schlug Lenny in dessen Revier. Man kann sagen, dass es nur ein Wurf war, aber Lenny erholte sich davon nie wieder."

Cooke wechselte im Anschluss für sein Junior Year erneut die High School. In Flint, Michigan, absolvierte er aber nur acht Spiele, da er inzwischen seine vier Jahre überschritten hatte und nicht mehr für ein High-School-Team auflaufen durfte. Cooke hielt sich mit Pick-Up-Basketball fit und Vaccaro gab dem von der Bahn abgekommenen Guard in Chicago noch eine letzte Chance.

Scouts wenden sich von Lenny Cooke ab

Beim Roundball Classic sollte Cooke die Scouts noch einmal daran erinnern, dass er sofort den Sprung in die NBA schaffen könne. "Ich sagte ihm, dass alle NBA-Scouts wegen ihm da sind", erklärte Vaccaro. "Ich sagte ihm, dass er keine Dummheiten in dieser Woche machen dürfte. Und was passiert? Um 1 Uhr nachts kommt Lenny mit seiner Entourage in die Lobby des Hyatt. Ich fragte, ihn was das soll? Wir hatten doch darüber gesprochen."

Der Hype um Cooke war da schon langsam abgeflaut. Noch vor wenigen Monaten wurde er im gleichen Atemzug mit LeBron, Anthony oder Amar'e Stoudemire genannt, nun hatte sich das Blatt gewendet. Cooke glaubte dennoch an seinen NBA-Traum, auch weil ihm zahlreiche Agenten ins Ohr flüsterten, dass sie ihn zu einem Erstrundenpick machen würden.

Auch Colleges wie North Carolina, St. John's oder Seton Hall glaubten weiter an Cooke, auch wenn dieser Schwierigkeiten gehabt hätte, die notwendigen akademischen Leistungen zu liefern.

Lenny Cooke wird 2002 nicht gedraftet

Stattdessen erhielt Cooke von einem Agenten 350.000 Dollar sowie einen Mercedes und meldete sich zum Draft 2002 an. Empfehlen konnte er sich jedoch nicht, bei einem Pre-Camp verletzte sich Cooke am Zeh und musste am Draft-Abend mitansehen, wie erst Stoudemire an Nr.9 gezogen wurde und sein eigener Name überhaupt nicht fiel.

"Lenny Cooke ist so talentiert wie kein anderer Spieler", sagte ein New Yorker Basketball-Coach der Daily News im Anschluss an den Draft. "In seinem Kopf laufen aber einige Dinge falsch und das wissen auch alle NBA-Teams."

Im Jahr darauf versuchte sich Cooke noch einmal in der Summer League bei den Boston Celtics und den Seattle SuperSonics, einen Vertrag konnte er sich aber nicht erspielen. Stattdessen zockte er in unterklassigen Ligen, in China und auf den Philippinen. Nach zwei Achillessehnenrissen in drei Jahren war dann 2007 endgültig Schluss. Zu diesem Zeitpunkt hatte LeBron noch nicht einmal seinen ersten MVP-Titel geholt, für Cooke war die Karriere hingegen endgültig vorbei.

"Fehleinschätzungen, Arroganz und eine falsche Einstellung", sollte Cooke später zusammenfassen, was seine NBA-Karriere verhindert habe. Er ist einsichtig geworden und berät inzwischen Kids, die von der NBA träumen.

Sie sollen nicht seine Fehler wiederholen.