Man muss schon ein wenig zurückblättern in den Annalen der ATP Finals, ehe man ein Jahr findet, in dem sowohl Roger Federer, als auch Rafael Nadal und Novak Djokovic beim Saisonfinale zwar aufgeschlagen haben, jedoch keiner der „großen Drei“ das Endspiel erreichte. 2009 war dies das letzte Mal der Fall – da bezwang der Russe Nikolaj Dawidenko im Finale den Argentinier Juan Martin del Potro.

Genau zehn Jahre später sucht man im heutigen Endspiel in der Londoner O2-Arena (19 Uhr MEZ) erneut vergeblich nach einem Namen der ganz Großen. Hatten sich Nadal und Djokovic bereits in der Gruppenphase verabschiedet, so erwischte es nun im Halbfinale Federer. Der 38-jährige Schweizer sah im Duell mit dem um 17 Jahre jüngeren Griechen Stefanos Tsitsipas kein Licht und musste sich ihm 3:6, 4:6 beugen.

Nur einen von 12 Breakbällen genützt

Es war aber nicht so, dass Federer nicht seine Chancen gehabt hätte. So konnte der Eidgenosse nur einen von seinen insgesamt 12 Breakbällen nützen. "Kein Zweifel, ich hatte meine Chancen. Ich kann auch gar nicht genau sagen, warum dieses Match diesen Verlauf genommen hat. Dass ich nach zwei vergebenen Überkopfs gebreakt wurde, hat es bei mir auf jeden Fall noch nie gegeben. Das war hart, am Ende des Tages ist es schon eine große Enttäuschung."

Trotzdem stellt er seinem Gegner ein gutes Zeugnis aus: "Stefanos hat wirklich sehr gut gespielt, er hat die Bälle sehr früh genommen. Und ich habe es nicht geschafft, so in die Rallyes hineinzukommen, wie ich mir das gewünscht hätte. Ich muss ihm zugestehen, dass er es geschafft hat, mich nicht auf dem Level spielen zu lassen, wie ich das wollte." Vor allem die Rückhand des Griechen hob Federer lobend hervor: "Er kann sie gut variieren und so sowohl auf schnellen, als auch auf langsamen Belägen einsetzen. Das wird ihm in seiner Karriere noch sehr hilfreich sein."

Auf die Frage, ob er 2020 mit der endgültigen Wachablöse beziehungsweise mit dem Durchbruch der Jungen - auch auf Grand-Slam-Ebene - rechne, antwortete der 38-Jährige mit einem leichten Schmunzeln: "Ja. Aber das ist bereits seit Jahren meine selbe Antwort auf diese Frage, die mir immer am Saisonende gestellt wird. Aber Novak, Rafa und ich sind gesund. Sogar gesünder als in den vergangenen Jahren, als Novak die Ellbogenprobleme, Rafa die Knieverletzungen und ich die Sache mit dem Rücken hatte. Von diesem Standpunkt aus hat sich die neue Generation in diesem Jahr noch mehr bewiesen - und einer von ihnen wird jetzt auch in London den Titel holen."

Zudem betonte Federer, dass der Österreicher Dominic Thiem in Sachen Nachfolge derzeit in der Pole Position wäre: "Er hat heuer fünf Titel gewonnen und alle von uns drei mehrmals geschlagen. Er ist derzeit auf seinem absoluten Höhepunkt." Trotzdem hätten auch heuer wieder die großen Drei am Ende des Jahres die Weltrangliste angeführt. Aber: "Ich denke, die Chancen auf eine Wachablöse steigen nicht, weil wir schlechter, sondern weil die Jungen besser werden."

Prinzipiell kann Federer wieder auf ein erfolgreiches Jahr zurückblicken. So holte er mit Dubai, Miami, Halle und Basel vier Titel und stand im Wimbledon-Finale, dass er trotz zweier Matchbälle gegen Djokovic verlor. "Ich muss versuchen, 2020 auf diesem Level weiterzuspielen, dann werde ich mir ein paar Chancen auf Titel erarbeiten können. Ich muss aber auf meinen Körper achten, Zeichen meines Körpers richtig deuten und schauen, die richtige Balance zwischen meinem Privatleben und dem Sport zu finden. Wären die Dinge in Indian Wells und Wimbledon ein wenig anders gelaufen, könnte ich wieder auf eine tolle Saison zurückblicken."

Erfreulicher Schlusssatz Federers: "Ich bin glücklich, wie ich diese Saison gespielt habe. Und ich blicke schon sehr aufgeregt der neuen Saison entgegen."