Sie leben mit Ihrer Familie in Los Angeles. Das letzte Mal, dass Sie in der Steiermark waren, ist lange her. Was ist der Grund für Ihren Besuch?
TOMMY HAAS: Ich musste wirklich überlegen, aber ich war 2006 zuletzt hier. Ich habe meine Oma, die hier wohnt, besucht, denn auch sie hatte ich schon so lange nicht mehr gesehen. Sie wird bald 90 und man weiß ja nie, was passiert. Darüber hinaus wollte ich Graz auch meinen Kindern zeigen, etwa den Schloßberg mit dem Uhrturm und den schönen Blick über die Stadt.
Sie haben als Jugendlicher rund ein Jahr lang hier gelebt. Was verbinden Sie mit dieser Zeit?
Neben den Sehenswürdigkeiten auch die Mur oder den GAK, bei dem ich ab und zu trainiert habe. Und natürlich die Besuche bei den Großeltern. Es ist sogar auch ein Heimatgefühl da.
Sie haben 2018 Ihre aktive Karriere endgültig beendet. Verfolgen Sie das Tennisgeschehen?
Ich bin weiterhin ein großer Tennisfan. Viele Matches schaue ich zu Hause im Fernsehen, bei den großen Turnieren bin ich aber auch vor Ort und spiele bei den Legenden mit, so etwa bei den French Open oder in Wimbledon.
Apropos Wimbledon:Das Duell im Finale zwischen Novak Djokovic und Roger Federer begeisterte die Tennisfans auf der ganzen Welt – und auch Rafael Nadal schaffte es immerhin ins Halbfinale. Die großen drei, gegen die Sie alle gespielt haben, scheinen weiterhin unantastbar. Ihre Erklärung dafür?
Ich muss gestehen, ich weiß auch nicht, warum die kommende Generation so große Probleme damit hat, öfter gegen sie zu gewinnen, vor allem bei den größeren Turnieren. Aber man muss schon sagen, dass die drei auch das gewisse Extra haben. Sie haben das Selbstvertrauen, weil sie wissen, dass sie eigentlich fast nicht verlieren können, außer wenn sie gegeneinander spielen. Nur ab und zu können Spieler wie Juan Martin del Potro oder Stan Wawrinka überraschen. Gerade wenn es darauf ankommt, bei den sogenannten Big Points, sind Djokovic, Federer und Nadal noch stärker. Meiner Meinung nach spielen sie auch um den Titel „Größter aller Zeiten“, wer also am meisten Grand-Slam-Turniere gewinnt, darum hängen sich alle drei noch einmal so rein und pushen sich gegenseitig. Für jeden Tennisfan ist es fantastisch, das mitanzusehen.
Wer ist für Sie der Beste?
In meinen Augen ist Federer der beste Allroundspieler, den es je gegeben hat. Auf jedem Belag so gut, flüssig, relaxed und lässig zu spielen, ist phänomenal. Nadal hat eine ganz andere Spielweise, gibt immer hundert Prozent, kämpft also wie ein Tier. Er ist auf Sand unantastbar. Zwölf Mal in Paris mitzuspielen, ist schon eine große Leistung, aber so oft den Titel zu holen, ist wie von einem anderen Stern. Bei Djokovic ist wirklich beachtlich, dass er es geschafft hat, sich in der Ära dieser beiden Größen so reinzubeißen. In der Defensive ist er vielleicht sogar der Stärkste von allen.
Dominic Thiem ist der erste Verfolger des Trios. Was fehlt ihm noch, um den Sprung ganz nach vorne zu schaffen?
Nicht viel, auch er spielt auf einem unglaublichen Level und steht verdientermaßen auf dieser Position. Er ist ein Topathlet, sportlich fair und ich bin ein großer Fan seiner Spielweise. Seine Leistungen die vergangenen vier, fünf Jahre auf Sand – vor allem in Rolland Garros – waren unglaublich. Aber auch auf den anderen Belägen verbessert er sich stetig, auch wenn er in Wimbledon früh gescheitert ist. Ich würde ihn vor allem auf Hartplatz gerne noch ein wenig aggressiver sehen, dass er den Ball noch etwas früher nimmt.
Sie sind Turnierdirektor des Masters in Indian Wells. Eine Aufgabe, die Sie ausfüllt?
Es macht mir Spaß, es ist genau so viel Arbeit, dass es nicht zu viel ist und meine Kinder dadurch nicht zu kurz kommen. Dank unseres tennisbegeisterten Besitzers konnten wir viele unserer Ideen umsetzen und es ist mittlerweile zu einem Event geworden, bei dem es um mehr geht, als nur Tennis zu schauen.