Der Traum vom zweiten Finale auf Pariser Boden im gleichen Kalenderjahr ist für Dominic Thiem am Samstag geplatzt. Der French-Open-Finalist war am Samstag im Semifinale des Masters-1000-Turniers in Paris-Bercy gegen Moskau-Sieger Karen Chatschanow beim 4:6,1:6 überraschend chancenlos. Der als Nummer 6 gesetzte Niederösterreicher wirkte im ersten Duell mit dem 22-jährigen Russen in Satz zwei müde.

Damit bleibt es vorerst bei bisher zwei Finali auf 1000er-Niveau, die Thiem beide auf Sand in Madrid (2017 und 2018) erreicht hatte. Doch Thiem hat nach seinem zuletzt ersten Hallen-Titel in St. Petersburg bewiesen, dass man auch in der Herbst-Saison mit ihm rechnen darf. Zudem ist er nach dem Viertelfinal-Aus von Kei Nishikori (JPN) am späten Vorabend schon mit dem Wissen ins Match gegangen, dass er den London-Masters-Hattrick geschafft hat.

Chatschanow trifft nun am Sonntag in seinem ersten 1000er-Finale entweder auf den am Montag wieder zur Nummer eins werdenden Serben Novak Djokovic oder Roger Federer (SUI-3). "Der erste Satz war sehr intensiv und schwierig. Als mir bei 4:4 das Break gelungen ist, das war der Schlüssel zum ersten Satz. Nach dem Break im zweiten Satz hat er von der Energie her nachgelassen", konstatierte Chatschanow im Sky-Interview. Er selbst habe alles von Anfang bis Ende gut gemacht.

Zwei Breakbälle noch abgewehrt

Das erste Aufeinandertreffen auf der ATP-Tour begann so ausgeglichen wie es von beiden erwartet worden war. In den ersten 28 Minuten blieben die Aufschläger bis zum 4:4 unantastbar, doch dann geriet Thiem plötzlich mit 0:40 in Rückstand. Zwei von drei Breakbällen konnte der Lichtenwörther noch abwehren, dann gelang aber dem Weltranglisten-18. gegen die Nummer 8 im ATP-Ranking die 5:4-Führung. Thiem fand zwar postwendend selbst sein ersten beiden Breakbälle vor, doch mit seinem zweiten Satzball stellte der Moskauer nach 41 Minuten die 1:0-Satzführung her.

Thiem verlor auch gleich zum Auftakt des zweiten Durchgangs sein Service und hatte damit nach einer 4:3-Führung vier Games en suite abgegeben. Doch der elffache Turniersieger bäumte sich auf und holte diesmal tatsächlich sofort das Rebreak. Da sprang auch sein Coach Günter Bresnik applaudierend auf. Doch als Chatschanow dem ÖTV-Davis-Cup-Spieler neuerlich den Aufschlag zum 2:1 abnahm, war bei Thiem die Luft draußen. Thiem wirkte müde und hatte dann seinem Gegner nur noch wenig entgegenzusetzen.

"Er hat von Anfang bis zum Ende wirklich sehr gut gespielt, das muss ich ganz klar sagen. Er hat mich mit seinem Aufschlag und seinem Return, also von der Spieleröffnung an, sofort schwer unter Druck gesetzt", sagte Thiem nach seinem Halbfinal-Aus in Paris-Bercy. "Ich habe heute zu wenig entgegensetzen können", gestand Thiem und führte dafür einige Gründe an. "Ich habe sehr viel investiert in die letzten zwei Siege, natürlich ist mir auch ein bisserl ein Stein vom Herzen gefallen, als London dann fix war und dann war ich heute vielleicht nicht komplett auf der Höhe. Auf der muss ich sein, dass ich so einen Gegner besiegen kann."

London Calling

Für Thiem beginnt nun die Vorbereitung auf seine dritten ATP World Tour Finals in Folge. Der 25-jährige Thiem, der in einer Gesamtsiege-Bilanz des Jahres mit 53 Siegen (18 Niederlagen) nur einen Sieg weniger in der Tasche hat als der in dieser Statistik führende Deutsche Alexander Zverev, steht als einer der acht Starter beim mit 8,5 Mio. Dollar dotierten ATP-Saison-Showdown in der Londoner O2-Arena. Die Auslosung dafür erfolgt am Montagabend, erster Spieltag ist am 11. November.

"Auf die Woche in London freue ich mich extrem." Aber auch die Woche in Paris sei trotz der "relativ bösen Niederlage" am Samstag sehr positiv zu sehen. "Ich habe schon deutlich schlechtere Wochen gehabt, vor allem auf Masters-1000-Niveau." Das Semifinale in Bercy nehme er sehr gerne und er hofft, dass er es nächstes Jahr noch besser machen kann. "Ich schaue, dass mir das ganze Trara um London erspart bleibt und ich mich schon ein bisserl früher qualifiziere als dieses Jahr."

Unbelastet hat ihn die ganze Situation nicht gelassen. "Natürlich ist einiges in meinem Kopf vorgegangen. London ist ein ganz großes Ziel, da will ich unbedingt dabeisein und das war ja bis gestern nicht fix. Da hat es schon ein bisserl rotiert auch." Schon das Viertelfinale gegen Jack Sock sei spielerisch nicht wirklich gut gewesen und ganz über den Kampf entschieden worden. Und Chatschanow sei nicht zufällig im Halbfinale gewesen.

Die Gruppenphase überstehen

Seine Erwartungen für seinen dritten Auftritt in der mächtigen O2-Arena von London, noch ehe er die Auslosung kennt? "Ich spiele um einiges besser als die letzten zwei Jahre. Das auf jeden Fall. Ich fühle mich frischer und bin natürlich auch erfahrener. Ich habe mich dort, denke ich, etabliert und natürlich ist das ganz große Ziel, dass ich das erste Mal weiterkomme als Round Robin." Das würde als den erstmaligen Einzug ins Halbfinale bedeuten.

Thiem reist nun nach Hause, wird zwei Tage lang "überhaupt nichts tun" und am Donnerstag nach London reisen.