Ein Jahr nach dem Sensationslauf von Sebastian Ofner sorgt in Wimbledon wieder ein österreichischer Qualifikant für Furore: Der 24-jährige Dennis Novak gilt seit Jahren zumindest als Top-50-Kandidat, nun hat der enge Freund von Dominic Thiem endlich auf großer Bühne den Durchbruch geschafft. Novak misst sich am Freitag im Kampf um sein erstes Major-Achtelfinale mit Milos Raonic.

Der Schützling von Thiems Vater Wolfgang, der den 1,83 m großen Niederösterreicher seinerzeit in die Südstadt gebracht hatte, sowie von Günter Bresnik hat an der Church Road am Mittwoch seinen bisher größten Tennis-Tag erlebt. Nach einer 6:4,6:2-Führung und zwei vergebenen Matchbällen im Tiebreak des dritten Satzes gegen den als Nummer 17 gesetzten Lucas Pouille aus Frankreich musste Novak erstmals in seiner Karriere über fünf Sätze gehen - und gewann doch noch.

"Noch besser ist, wenn du 0:2-Sätze hinten bist und du gewinnst in fünf. Aber jeder, der einmal Profi sein will, träumt von einer dritten Runde in Wimbledon", freute sich Novak. Es war mit Abstand sein größter Erfolg, der ihn im ATP-Ranking auf den prognostizierten Rang 125 katapultieren wird. Noch zu Jahresbeginn war Novak exakt 100 Plätze weiter hinten gestanden.

Der Grund für den Aufstieg, der ihm ja eigentlich schon lange zugetraut worden war? "Ich war letztes Jahr lang verletzt, vielleicht war das auch gut. Da habe ich gemerkt, wie sehr ich den Sport vermisse. Ich weiß, dass ich vor ein paar Jahren meine Fehler gemacht habe", gestand ein gereifter Novak. Er sieht auch in der Saisonvorbereitung auf Teneriffa einen Mitgrund. "Die war unglaublich gut. Das hat sehr geholfen mit den ganzen guten Spielern dort", sagte Novak, der sich auf der spanischen Insel u.a. mit Dominic Thiem und Philipp Kohlschreiber auf 2018 eingeschlagen hatte.

Novak hatte sich ohne Satzverlust zum zweiten Mal nach den Australian Open für das Hauptfeld eines Majors qualifiziert, ausgerechnet auf dem "heiligen Rasen" aber seinen Premierensieg gegen Peter Polansky (CAN) (ebenfalls ohne Satzverlust) gefeiert. Der Sieg über den Weltranglisten-19. Pouille, der Ende März schon kurz in den Top Ten gestanden war, ist freilich auf mehreren Ebenen viel wert.

113.497,07 Euro sicher

Neben der Gewissheit, auch Top-20-Spieler schlagen zu können, bedeutet der Drittrundeneinzug auch eine schöne finanzielle Spritze für die Karriere des Niederösterreichers. 100.000 Pfund (113.497,07 Euro) brutto hat Novak sicher.

Wie gegen Pouille ist Novak natürlich auch gegen den früheren Weltranglisten-Dritten Milos Raonic Außenseiter. Der nach Verletzungen auf Rang 32 zurückgefallene, dank seiner Rasenerfolge aber auf Platz 13 gesetzte Kanadier war zuletzt mit dem Endspiel in Stuttgart mit einem Erfolgserlebnis nach Wimbledon gekommen. Raonic hat in den ersten zwei Runden keinen Satz abgegeben.

Während Raonic über Novak nur weiß, dass dieser mit Thiem trainiert und auch ein guter Freund ist, kennt der Österreicher seinen nächsten Gegner. "Natürlich, er hat ja gegen Domi schon gespielt, das habe ich natürlich gesehen. Er ist einer der besten Aufschläger. Das ist seine größte Waffe. Ich muss schauen, dass ich seinen Aufschlag entschärfen kann und muss von der Grundlinie aktiv sein", verriet Novak. Er möchte versuchen, Raonic so viel wie möglich zu bewegen. "Das ist nicht ganz so seine Stärke."

In Sachen Fitness nach seinem ersten Fünfsatz-Thriller machte sich Novak, der mit einem überraschenden Auftaktsieg über Andrej Rublew beim Davis Cup in Moskau im vergangenen April den Grundstein zum sensationellen Auswärtssieg gelegt hatte, keine Sorgen. "Ich werde am Freitag voll fit sein", meinte er und fügt lachend hinzu, "da wird es eh nicht so lange Rallyes geben."

Gewaltiges Stück Arbeit

Sollte Novak die Sensation gelingen, dann kratzt er gar schon an den Top 100 und sollte sich um Platz 105 einreihen. Zudem gibt es für ein Achtelfinale schon 163.000 Pfund (185.000 Euro). Doch gegen Rasen-Spezialist Raonic, der 2016 in Wimbledon erst im Endspiel an Andy Murray und auch im Vorjahr erst im Viertelfinale am späteren Sieger Roger Federer gescheitert war, wird die Aufgabe noch ein gewaltiges Stück schwieriger als gegen Pouille.

Endgültig beglichen hat Novak übrigens mit dem knappen Sieg über Pouille auch eine sieben Jahre alte "Rechnung" mit Wimbledon. "Damals habe ich gegen die Nummer zwei vom Junior-Turnier als Qualifikant gespielt. Ich habe bei 13:12 im dritten Satz auf das Match serviert und dann 13:15 verloren. Das war damals unglaublich bitter", erinnerte sich Novak. Doch 2018 sieht das ganz anders aus. "Jetzt denke ich mir, es war eigentlich nur ein Junior-Match. Jetzt stehe ich bei den Profis in der dritten Runde und das ist unglaublich."