Die Tür für Dominic Thiem zum ersten Halbfinale bei einem Turnier der "ATP 1000"-Kategorie stand gegen Stan Wawrinka weit offen. Nur durchgegangen ist der 23-jährige Österreicher letztlich nicht. Er unterlag dem Schweizer im Viertelfinale des Turniers in Indian Wells nach einer zweieinhalbstündigen Tennis-Schlacht mit 4:6, 6:4, 6:7 (2/7). Als wohl besserer Spieler unterlag Thiem letztlich im Tiebreak des Entscheidungssatzes. Weil er seine Chancen nicht nützen konnte - im Gegensatz zu seinem Gegner.
Ein kleiner Trost: Auch fürs Viertelfinale erhält Thiem 180 ATP-Punkte und wird damit sein Punktekonto in der Rangliste ein wenig aufstocken. Doch das wird den Lichtenwörther nicht wirklich trösten - immerhin war er über weite Strecken aktiver als Wawrinka. Doch im vierten Duell der beiden setzte es die dritte Niederlage. Und Wawrinka trifft nun auf den spanischen Überraschungsmann Pablo Carreno Busta, der Pablo Cuevas (URU) in drei Sätzen eliminierte.
Starker Beginn, schnelle Fehler
Thiem begann das Spiel wie aus der Pistole geschossen, entschied sich für den Rückschlag und holte sich gleich das erste Break. Es war der Auftakt zu einem echten Schlagabtausch der beiden Kontrahenten, die einander nichts schenkten. Von Beginn an gab es lange Rallyes von der Grundlinie aus - und vor allem Breaks. Denn sein Service musste Thiem selbst gleich zu Null abgeben, danach wurde das Spiel für ihn ein wenig zum Spiel der vergebenen Chancen. Aber wer gehofft hatte, dass sich der 31-jährige US-Open-Sieger aus der Schweiz wie am Tag davor gegen den Japaner Nishioka abermals ein wenig wacklig präsentieren würde, wurde enttäuscht.
Wawrinka hielt voll dagegen - das Erstaunliche war nur, dass er ebenso bei dem Versuch, auf den Punkt zu gehen fehlerhaft agierte. Doch Thiem verabsäumte es seine Chancen, seinem Gegner den Aufschlag abzunehmen, zu nützen. Insgesamt vier Breakbälle vergab er - und im entscheidenden Moment wackelte der Niederösterreicher auf einmal selbst: Bei 4:5 vergab er einen "Elfer" - zunächst misslang der Smash, dann der Volley, dann folgte ein Vorhandfehler und ein Passierball von Wawrinka. Das Ergebnis: der erste Satzverlust von Thiem beim Turnier in Indian Wells. Kommentiert mit einem lauten "Come on" des Westschweizers. Das war in diesem ersten Satz wohl auch der größte Unterschied - die "big points", die holte sich Thiems Gegner. So wie beim Satzball.
Thiem schlägt zurück
Thiem ließ sich aber vom verlorenen ersten Satz nicht lange verunsichern, holte sich auch im zweiten Satz das erste Break. Beim Stand von 1:1, zunächst auch mit Hilfe des Netzes. Das größte Problem hatten die beiden Protagonisten an diesem Abend aber mit den Linienrichtern, die eine Fehlentscheidung nach der anderen trafen - und so nicht nur den Schiedsrichter beschäftigten, sondern auch die Spieler selbst, die extrem oft - erfolgreiche - Challenges nahmen. Doch Thiem blieb fokussiert, hielt das Break und holte sich auch Satz zwei. Vor allem, weil der erste Aufschlag besser funktionierte, er in diesem Durchgang keinen Breakball zuließ.
Die Entscheidung
Auch im dritten Satz begann Thiem stark - aber mit dem alten Problem: Chancen blieben ungenützt. Zwei Möglichkeiten, Wawrinka den Aufschlag abzunehmen, vergab Thiem gleich im ersten Aufschlagspiel. Und das sollte sich rächen, denn Wawrinka konterte im Spiel darauf - weil Thiem zwar der bessere Spieler war, aber im entscheidenden Moment um Millimeter zu ungenau war. Oder an der Netzkante scheiterte.
Und wieder zeigte sich, dass Wawrinka ab dem Viertelfinale der großen Turniere - so er da noch dabei ist - in der Lage ist, sich zu steigern, zu beißen, zu kämpfen. Hochklassige Ballwechsel lieferten sich die beiden - und Thiem konterte erfolgreich, holte sich den Aufschlag Wawrinkas zum 2:3. Und dann war Thiem am Drücker, hatte beim 4:4 abermals eine Breakchance, es war schon ein "kleiner" Matchball. Doch wie so oft rettete sich Wawrinka, der insgesamt sieben von zehn Breakchancen abwehrte.
Es kam, wie es kommen musste: Thiem wehrte auch beim Stand von 5:6 einen Matchball ab, die Entscheidung fiel im Tiebreak. Und da hatte Wawrinka schließlich das bessere Ende für sich, verwertete seinen zweiten Matchball zum 7:2-Erfolg in der Entscheidung und zum 7:6-Erfolg.
Das Rätsel "1. TFC" ist gelöst
Übrigens: Wer sich gewundert hatte, was Dominic Thiem nach seinem Sieg in der Runde davor auf die Kamera gekritzelt hatte: Thiem selbst sorgte via Instagram für die Auflösung: "1. TFC" ist ein von Tennisspielern gegründeter Fußballklub, dem auch Thiem angehört. Und der sucht Zuwachs. Für alle, die also vom Tennis kommen und Fußball spielen wollen (und können): Vielleicht schaut ja Thiem selbst einmal im Training vorbei...