Mister Bollettieri, spielen Sie bitte den Propheten und sagen Sie uns, wer die heurigen US Open gewinnen wird.
NICK BOLLETTIERI: Puh, das ist nicht einfach. Vor allem bei den Damen ist alles offen - da gibt es sechs, sieben Spielerinnen, die triumphieren können. Auf die Schnelle fallen mir da die Namen Ivanovic, Safina, Dementjewa sowie Venus und Serena Williams ein.

Bei den Herren ist die Anzahl an Sieganwärtern aber bei weitem nicht so groß, oder?
BOLLETTIERI: Stimmt, dort spricht alles vom Duell Federer gegen Nadal. Passiert nichts Unvorhergesehenes, wird es wohl auch zu diesem Showdown kommen.

Außer Federers Unform hält weiter an. Was ist mit ihm los?
BOLLETTIERI: Ich weiß es selbst nicht. Ist er vielleicht krank, hat er Angst und sein Selbstvertrauen verloren? Aber was auch immer - ich glaube, er kann das Turnier dennoch gewinnen. Denn ich bin überzeugt davon, dass er zumindest seine Fähigkeiten nicht verloren hat - er muss sie nur wieder abrufen können. Aber ganz genau weiß ich es natürlich auch nicht, weil ja nicht alle Details bis zu mir vordringen.

Was fällt Ihnen zum sensationellen Aufstieg Nadals ein?
BOLLETTIERI: Er hat es absolut verdient, dass er dort steht, wo er momentan ist. Er ist nicht nur mental stark, auch seine Physis und seine Schlagtechnik sind schlichtweg großartig. Im Gegensatz zu Federer ist er viel näher bei der Grundlinie und hat eine unglaubliche beidhändige Rückhand, mit der er viele Bälle auf sensationelle Weise herausholen kann. Schläge wie seine hat die Tenniswelt noch nie gesehen.

Nadal gegen Federer ist wohl das Beste, was dem Tennis passieren kann.
BOLLETTIERI: Natürlich, von diesem Duell spricht die ganze Welt. Und was kann sich eine Sportart mehr wünschen?

Wie sieht es bei Ihnen aus - schmieden Sie in Ihrer Akademie bereits an einem neuen Nadal?
BOLLETTIERI (lacht): So einfach funktioniert das leider nicht. Wer Gegenteiliges behauptet, redet Blödsinn. Einen wie Nadal gibt es maximal nur alle 15 Jahre einmal. Momentan kann sich ein neuer Aufsteiger höchstens als Nummer vier einreihen. Die vorderen Plätze sind ab Nadal, Federer und Djokovic vergeben.

Was wissen Sie über das österreichische Tennis? Was halten Sie von Tamira Paszek?
BOLLETTIERI: Um ehrlich zu sein, weiß ich diesbezüglich eigentlich gar nichts. Ich meine, Paszek ist mir wohl vom Namen her ein Begriff, aber mehr nicht. Dafür kenne ich natürlich Thomas Muster.

Das ist aber nicht viel!
BOLLETTIERI: Aber man kann viel daraus machen. Und zwar so wie wir. Patrick McEnroe hat ein neues Programm initiiert, dem auch ich angehöre und wo die Jugend zur Spitze herangeführt werden soll. Mit Muster als Helden und mit der nötigen finanziellen unterstützung kann auch ein Land wie Österreich wieder im Tennis erfolgreich sein.

Ein Muster-Land ist bereits im Entstehen . . .
BOLLETTIERI: Dann seid ihr ja am richtigen Weg.