Am Montag starten in New York die US Open, die für die lauten Flugzeuge und das wenig fachkundige Publikum bekannt sind. Ihre Erinnerungen?
THOMAS MUSTER: Die Zuschauer kennen sich mittlerweile gut aus, nur die Atmosphäre ist anders. Statt der Erdbeeren in Wimbledon gibt's hier eben Hamburger-Standl'n. Natürlich ist es sehr laut, aber das weiß man und kann es nicht ändern. So hat eben jedes Turnier sein eigenes Flair.

Sie selbst hatten einmal in New York den Halbfinal-Einzug auf dem Schläger...
MUSTER: Matchball um halb drei Uhr in der Früh gegen Wolkow. Und dann blieb der Passierball an der Netzkante hängen. Das weiß ich noch, als ob es gestern gewesen wäre. Das hat geschmerzt.

Federer oder Nadal - wer holt heuer den Titel?
MUSTER: Federer. Und ich denke, dass Nadal nicht einmal ins Halbfinale kommt.

Federer hält bei 15 Grand-Slam-Titeln. Wie viel ist noch möglich?
MUSTER: Ich glaube, er kann 20 erreichen. Er ist noch nicht so alt, hat den Rekord bereits und spielt jetzt ohne Druck. Obwohl, Paris wird er nicht mehr gewinnen.

Sie haben schon einmal prognostiziert, dass Nadals Körper dem Powertennis nicht standhalten kann. Jetzt war er erstmals für längere Zeit verletzt...
MUSTER: Er hat einfach ein kraftraubendes Spiel. Das war bei Jim Courier dasselbe Problem. Aber Totgesagte leben länger. Nadal ist jung und kann noch viel erreichen, nur wird er weniger Turniere spielen müssen.

Abseits der beiden - sehen Sie einen kommenden Star?
MUSTER: Ich sehe momentan niemanden, der in ihre Fußstapfen treten kann. Weder spielerisch noch vom Charisma her. Aber es kann sein, dass nach den beiden das Niveau wieder etwas schwächer wird und die Spitze mehr zusammenrückt.

Wie sehen Sie die Situation bei den Österreichern?
MUSTER: Da brauchen wir nichts schönreden. Stefan Koubek ist nicht mehr der Jüngste, bei Jürgen Melzer kann man nach zehn Jahren auch nicht mehr von einem Talent sprechen. Bei ihm sind Limits da. Inwieweit sie ausreizbar sind, weiß ich nicht.

Koubek ist fernab der Top 100 - sollte er aufhören?
MUSTER: Nein, jedes Jahr länger, das man Tennis spielt, ist ein wirtschaftlicher Erfolg. Ich hingegen wollte nicht mehr mitschwimmen, obwohl ich Verträge gehabt habe, die das finanziell gesehen vertreten hätten.

Daniel Köllerer ist bereits die Nummer 61 der Welt. Unterstützen Sie die Entscheidung von Kapitän Gilbert Schaller, ihn nicht im Daviscup spielen zu lassen?
MUSTER: Es gibt zwei Sichtweisen: Rein sportlich gesehen müsste er dabei sein, von seiner Verhaltensweise her hat er im Team nichts verloren. Aber sollte er Österreichs Nummer eins sein, kommt man an ihm eh nicht mehr vorbei. Und den Sprung unter die Top 50 traue ich ihm schon zu.

Das einstige "Wunderkind" Tamira Paszek scheint in seiner Entwicklung stecken zu bleiben.
MUSTER: Ich habe immer gesagt: ,Lasst sie einmal spielen. Dann wird man sehen, wie sie sich entwickelt.' Sie ist eine passable Spielerin, aber der letzte Sprung hat eben noch nicht funktioniert. Die Frage ist, ob sie das Beste aus ihren Möglichkeiten macht.

Themenwechsel: Können Sie nochmals erläutern, warum Sie aus dem Projekt "Musterland" ausgestiegen sind?
MUSTER: Das Ganze war nicht mehr auf die Beine zustellen. Zumindest nicht unter Voraussetzungen, die ich akzeptieren kann. Es war etwas ausgemacht, und sechs Jahre später noch nicht realisiert. Firmen, die damals zugesagt haben, können in der heutigen Wirtschaftssituation nicht mehr das Geld geben. Und dann kommt noch die Kommunalpolitik dazu. Jeder wollte plötzlich mitreden - und am besten wäre gewesen, wenn wir am Ende noch eine Hupfburg und einen Streichelzoo dabei gehabt hätten. Ich wollte aber ein kompromissloses Leistungszentrum für die besten Spieler haben. Und jetzt muss man hinterfragen, warum es trotzdem gebaut wird. Und zwar mit Steuergeldern.

Vielleicht etwas leichtere Kost: Schmerzt Sie der Absage des heurigen Champions-Events in Graz?
MUSTER: Natürlich, aber auch hier hat es die wirtschaftliche Situation erfordert. Außerdem war die Zeit am Ende viel zu knapp. Und bevor man irgendetwas Halbherziges aus dem Hut zaubert, ist es besser, ein Jahr auszusetzen. 2010 wird es das Turnier aber wieder geben und ich bin dabei.

Hat Sie die Wirtschaftskrise auch getroffen?
MUSTER: Natürlich. Aber ich bin ein Mensch, der auch mit ganz wenig leben kann. Ich komme vom Nix und kann mit nix auskommen. So lange ich zwei Hände und zwei Beine habe, die funktionieren, kann ich leben.

Wie sieht es privat aus? Im Oktober werden Sie ja wieder Vater.
MUSTER: Alles bestens. Die Nächte werden zwar immer kürzer, aber ich steh' eh immer um halb sechs Uhr auf und arbeite an meinem Haus. Langsam aber sicher ist dort ein Ende in Sicht.

Wurden Sie als Weinbauer von den Unwettern verschont?
MUSTER: Gott sei Dank, der Hagel hat uns nicht getroffen.

Apropos Unwetter - glauben Sie, das diese die Folge der Umweltbelastung sind?
MUSTER: Nein, die hat es in dieser Intensität schon vor zwanzig, dreißig Jahren gegeben. Das Problem ist ein anderes. Heute dürfen die Leute in den so genannten "roten Zonen" billig bauen. Und die Gemeinden müssen sich fragen, wie lange sie noch Grundstücke in Überschwemmungsgebieten hergeben. Irgendwer wird dafür einmal den Kopf hinhalten müssen. Man kann nicht nur an die Kommunalsteuern denken.