Dort, wo er vor einem Jahr seine Rückkehr auf ATP-Tour-Level gefeiert hat, will er sich kommende Woche endgültig von seinen österreichischen Fans und dieser Turnierkategorie verabschieden. Mit 44 ist das Experiment von Thomas Muster im Auslaufen, nach dem "Erste Bank Open" wird der frühere Weltranglisten-Erste kürzertreten.

Geplant sind noch einige Senior-Events sowie der eine oder andere Challenger-Auftritt 2012. Davor wünscht sich der French-Open-Sieger 1995 aber noch einmal eine möglichst volle Halle für sein vielleicht letztes Match am 25. Oktober in der Wiener Stadthalle.

Mehr als 8.000 Zuschauer hatten Muster vor einem Jahr sehen wollen und hatten am Nationalfeiertag für unglaubliche Stimmung am Vogelweidplatz gesorgt. Diesmal wird es ein Abschied. "Ich habe ja nie so wirklich die Gelegenheit gehabt, mich vom heimischen Publikum zu verabschieden. Ich habe in Kitzbühel schon anklingen lassen, dass man die Dinge nicht ausreizen soll und damit wird die Stadthalle mein letztes großes Turnier sein", sagte Muster, der diese Woche selbst beim Abschied von Sybille Bammer in Linz in einer Exhibition zu sehen war.

"Ich hoffe, - wie ich höre, sind die Tickets sehr rar -, dass in der Stadthalle (beim Tennisturnier, Anm.) nach langem wieder einmal 10.000 Zuschauer kommen. Das würde mich sehr freuen", gesteht Muster, der freilich gegen jeden Gegner trotz weiter gesteigerter Leistung Außenseiter sein wird. Natürlich erhofft er sich noch einen Sieg. "Aber ich kann nicht damit spekulieren. Ich hoffe, dass ich ein gutes Match spielen kann und die Auslosung auch dementsprechend ist."

Muster bereut nichts

Auch wenn sich die Anzahl der Siege mit zwei in Grenzen hält, so hat sich Muster zuletzt noch näher an sein Leistungspotenzial herangearbeitet. Er bereut jedenfalls seinen Schritt überhaupt nicht. "Ich würde es sofort wieder machen. Ich habe in den letzten Monaten gesehen, der Anschluss an die ersten 100 ist möglich. Ich muss ganz ehrlich sagen, ich hätte nicht gedacht, dass die Fortschritte so schnell gehen", freut sich Muster im Rückblick.

In eineinhalb Jahren habe er nach einer Pause von zehn Jahren "vor allem körperlich und auch technisch so viel" aufgeholt: "Das ist nicht ohne, was ich hier in eineinhalb Jahren durchlebt habe an Emotionen, an Veränderungen, an Training. Das hat ein anderer vielleicht in zehn Jahren."

Für Muster war es ein "Supergefühl", von den Jungen toll aufgenommen zu werden, mit neuen Bällen, neuem Material zu testen und auch wieder den Einblick hinter die Kulissen zu bekommen. Es ist nicht das Gleiche für ihn, einfach als Zuschauer zum Tennis zu kommen. Dazu lebt er wohl zu sehr für diesen Sport. "Die vergangenen eineinhalb Jahre so am Ball zu sein, so am Puls der Zeit zu spielen, da kriegt man ganz andere Eindrücke, als wenn man nur Fernsehkonsument ist. Wenn man nicht die Atmosphäre in der Umkleide, dieses Match-Kitzeln und diese Herausforderung spürt."

Darum hat sich die unglaublich harte Arbeit für ihn ausgezahlt, der größte Lohn für ihn war die Gunst des Publikums. "Bei allen Turnieren, die ich gespielt habe, waren die Center Courts ausverkauft und das ist schon ein unglaublicher Respekt." Körperlich kann er überhaupt nicht klagen, vor vier, fünf Jahren sei er wesentlich schlechter beieinander gewesen. Im Gegenteil. "Wenn ich mich so anschaue in der Früh: Das Beste, was ich für meinen Körper je gemacht habe, war, wieder mit dem Training zu beginnen."

Den Körper reizen

Als etwas "extremen" Typen wollte er seinen Körper reizen, das Letzte herausholen. "Man kann auch kein Auto testen, ohne einen Crash zu machen. Da ist man nicht schnell, da muss man mal die Grenzen kennenlernen."

Doch der Jungvater hat auch ein anderes, für ihn neues Gefühl entwickelt. "Wenn man ein paar Wochen weg ist und Turniere spielt, hat man natürlich Sehnsucht nach zu Hause. Heimweh, das habe ich früher nicht gekannt." Töchterchen Maxim ist am vergangenen Mittwoch zwei Jahre alt geworden und sie hat den Blick Musters auf das Leben durchaus verändert: "Wenn man eine Tochter hat, die so herzerfrischend ist, dann lässt es viele Dinge des Lebens ganz anders erscheinen."

Auch seine Frau sei froh, wenn er das viele Reisen bald wieder sein lässt. "Sie freut sich, wenn sich das Familienleben wieder ein bisschen beruhigt und mir meine Tochter nicht nur beim Ein- oder Auspacken zuschaut. Ich möchte trotzdem nichts missen und bin meiner Familie dankbar, dass sie das mit mir durchgestanden hat."

Ob er sich als "Mann der Extreme" denn nicht eine neue Aufgabe wird suchen müssen? "Irgendetwas wird sich finden in meinem Leben, das neben meiner Familie auch Platz findet, um wieder Extreme ausleben zu können."