Er gilt seit Jahren als das größte Talent des österreichischen Tennis. Doch nun scheint dem erst 20-jährigen Dominic Thiem der sprichwörtliche "Knopf" aufzugehen. Nach dem Viertelfinale in Kitzbühel und dem ersten Challenger-Titel in Marokko hat Thiem am Donnerstag bei durchaus nicht leichter Ausgangslage auch beim Erste Bank Open das Viertelfinale erreicht.

Seine Top-150-Platzierung hat Dominic Thiem damit gefestigt, der weitere Aufstieg des Niederösterreichers scheint vorprogrammiert. Und man darf nicht vergessen: Kein Spieler, der im ATP-Ranking vor ihm liegt, ist jünger als Thiem. Auch das macht ihn zu einer Ausnahmeerscheinung.

Ein höchst erfreuter Turnierdirektor Herwig Straka brachte es auf den Punkt. "Was immer alle gesagt haben, trifft jetzt langsam ein. Man muss aufpassen und darf es nicht überbewerten, aber in dem Fall ist es ein wichtiger Schritt in seiner Karriere", sagte der Steirer im Gespräch mit der APA - Austria Presse Agentur.

Gerade in Abwesenheit des verletzten Jürgen Melzer springt Thiem also sozusagen erneut in die Bresche und maß sich Freitagabend gegen Topfavorit Jo-Wilfried Tsonga erstmals mit einem Top-Ten-Spieler. "Das ist eine Riesenchance vor eigenem Publikum gegen einen Top-Ten-Spieler. Tsonga hat den Druck, muss im Hinblick auf das Masters die Punkte machen. Dominic hat gar keinen Druck, alles ist möglich", glaubt Straka.

"Sensationelle Vorstellung"

Natürlich muss man die Kirche im Dorf lassen, denn "Lucky Loser" Jaroslav Pospisil hatte in Runde eins gegen Gael Monfils mit 32 überhaupt erst sein erstes Match auf ATP-Tour-Level gewonnen. Doch mit einer 3:0-Siegesbilanz gegen Pospisil im Rücken vor den Augen der heimischen Tennis-Fans mit 20 Jahren einzulaufen, und dann so zu überzeugen, nötigte vielen Beobachtern Respekt ab.

Auch Alexander Peya, der im Anschluss an Thiems Einzel noch im Einsatz war, freute der Erfolg des Niederösterreichers. "Das freut, glaube ich, jeden Österreicher, der das heimische Tennis verfolgt. Das brauchen wir. Das war eine sensationelle Vorstellung vom Dominic", sagte Peya.

Der Wiener, gemeinsam mit Bruno Soares Top-Favorit im Doppel, hat auch mit Zufriedenheit festgestellt, dass die Diskussionen um die Davis-Cup-Zukunft Thiems beendet sind. "Schön, dass das vorbei ist. Es ist immer schade, wenn man das volle Potenzial in einem Land nicht abrufen kann. Gerade in einem kleinen Land, in dem man nicht wie Spanien Ausfälle auffangen kann", sagte Peya im APA-Gespräch. "Da müssen wir wirklich alle Kräfte bringen, die wir haben. Es ist gut, dass das dann in Zukunft der Fall ist."

Dass Thiem ausgerechnet vor eigenem Publikum so stark spielt, ist auch in Sachen Davis Cup ein wichtiger Indikator. "Man versucht, bei den Heimturnieren immer das Beste zu spielen, weil da so viele Zuschauer sind", erklärte Thiem noch am Donnerstagabend.

Vorstoß in die Top 100

Spielt Thiem so weiter, dann dürfte ihm der erstmalige Vorstoß in die Top 100 in naher Zukunft nicht zu nehmen sein. "Jetzt bringt es mir noch nicht so viel. Ich kriege jetzt nur 25 Punkte dazu und muss noch 50 verteidigen. Aber dann bis Juli sind es nur 40 und dann sollte sich das auf jeden Fall ausgehen", meinte Thiem.

Den Druck des Lokalmatadors, an dem schon viele andere Spieler zerbrochen sind, scheint Thiem jedenfalls nicht zu verspüren. "Das ist ein Supergefühl, weil die Leute hier stehen hinter mir. Es wird mit jedem Sieg besser, wieder reinzugehen, weil man weiß, dass man das Selbstvertrauen hat."

Unabhängig vom Ausgang: Thiem wird von der Erfahrung gegen Tsonga viel mitnehmen können. "Solche Matches sind für die Entwicklung am wichtigsten, weil die sind ganz selten und dadurch so wertvoll", weiß der Lichtenwörther. Hält Thiem, was sich viele von ihm erhoffen, dann werden diese Spiele noch öfter auf ihn zukommen.