Yvonne Meusburger darf in nächster Zeit wieder "größere Brötchen backen": Die Vorarlbergerin hat nach ihrem ersten Titel auf der WTA-Tour in Bad Gastein im neuesten Ranking den angekündigten Sprung von Platz 86 auf 58 gemacht. So weit nach oben hatte es Meusburger zuvor noch nie geschafft. Im Race, also der Jahreswertung, ist sie sogar 47. Ein Karrierehoch, das ihr wohl nur noch wenige zugetraut hatten.

"Sie war eher schüchtern"

Wie so oft liegt der Schlüssel dafür im Kopf. Im Fall Meusburger aber wohl am meisten an einer vor allem im vergangenen Jahr erfolgten Persönlichkeitsentwicklung. Die attestiert ihr auch ihr Coach, Joachim Kretz. "Yvonne hat sich menschlich sehr weiterentwickelt, hauptsächlich ihre Persönlichkeitsentwicklung war auch ein großes Ziel", schilderte Kretz im Gespräch mit der APA - Austria Presse Agentur.

"Sie war vom Typ her eher so: Wenn sie Gelegenheit gehabt hat, sich eher zu verstecken, dann hat sie das gemacht. Sie war eher schüchtern." Das Selbstwertgefühl sei sehr gestiegen. "Das war ein Prozess und nicht einfach. Sie hat irgendwann einmal verstanden, dass es nicht überein geht, dass sie sich verstecken kann, aber gleichzeitig ist der Tennissport eine Unterhaltung, da sollte sie eine Show bieten. Es beißt sich halt, wenn sie sich eher hinter dem Netzposten verstecken würde, wenn sie könnte."

Außerdem habe man auch eine Balance im Behandeln von Siegen und Niederlagen gefunden. Denn Meusburger hat Niederlagen oft zu tief bewertet, nach Siegen war das Gegenteil der Fall. Neben diesem wesentlichen Faktor ist Meusburger sehr fleißig. "Sie gibt immer extra viel Gas, auch im Konditionsbereich legt sie auf die Vorgaben des Konditionstrainers noch eines oben drauf", sagte der Deutsche, mit dem sie seit drei Jahren im Campus des Vorarlberger Tennisverbandes in Schwarzach zusammenarbeitet.

Kretz arbeitet dort u.a. auch mit Philipp Oswald, früher auch mit Martin Fischer. Und ehe der Mann aus Baden-Württemberg in Österreich tätig wurde, war er u.a. auch Betreuer von Nicolas Kiefer. Seit April kümmert er sich nicht nur auf dem Campus um Meusburger, sondern ist auch ihr Touring-Coach. Und seither muss Kretz seinem Schützling ständig neue Ziele setzen. In Wiesbaden entstand der Plan, sich im Ranking so zu verbessern, dass sie den direkten Sprung in das Hauptfeld der US Open schafft.

Neues Ziel notwendig

"Da durfte sie aber nicht nur zwei Turniere spielen und dann heim ins schöne Ländle. Ich habe ihr gesagt, sie muss die Tour leben. Wenn es dahinblubbert, musst du dabei bleiben, sonst ist das Ziel rein rechnerisch nicht drin", erzählte Kretz. Die 25.000-Turniere in Wiesbaden, davor La Marsa (TUN) und auch Grado hat sie gewonnen. Mit dem Budapest-Finale war das US-Open-Ziel geschafft. Das neue Ziel wollte sich Meusburger mit Kretz erst nach Bad Gastein überlegen.

"Da habe ich gesagt: 'Nein, du spielst mir kein Match mehr ohne einem konkreten Ziel und Plan'", erzählte der Coach von einem vierstündigen Gespräch im Golfclub Bad Gastein. Herausgekommen ist, dass Meusburger ihr Karriere-Hoch (Nummer 60/19.11.2007) brechen möchte und dies bis nach den Australian Open. Doch auch dieses Ziel hat sie nun als 58. bereits erreicht. Kretz: "Wenn das kein Omen ist. Das ist mir persönlich auch noch nie passiert, dass ich einen Zielplan gemacht habe in einer Woche und muss am Sonntag wieder den nächsten machen."

Und Kretz traut Meusburger, gestärkt durch immer besseres Selbstvertrauen, durchaus noch mehr zu. "Yvonne ist ein konstanter Typ, sie hat jetzt ihr Ziel erreicht. Wenn sie entspannter rangeht und die ersten 40 erreicht, bin ich ganz happy." Auch finanziell geht es mit der Schwarzacherin nun endlich wieder aufwärts. "Jetzt soll sie sich ein kleines Polster für die Zukunft schaffen."

Mit dem aggressiveren Spielstil soll sich Meusburger jetzt im Kreis der Besten wieder festsetzen. "Sie nimmt die Bälle deutlich früher als vor zwei Jahren. Was sie auszeichnet: Sie ist eine zähe Kämpferin, das macht sie sicherlich aus."

Vorfreude auf US Open

Meusburger hat nun innerhalb von zwei Wochen ihre WTA-Platzierung von 112 auf 58 fast halbiert, jetzt sind wieder größere Turniere angesagt. "Ich wollte eigentlich zwei 25.000er spielen, weil in Europa sonst nichts ist. Jetzt bleibt mir nur New Haven in der Woche vor den US Open", wunderte sich Meusburger, wie schnell alles gegangen ist. "Aber das nimmt man gerne in Kauf und plant gerne um."

Jetzt freut sich die Schwarzacherin besonders auf die US Open. "Was gibt es Schöneres, als sich mit so einem Sieg auf die US Open vorzubereiten? Und es war ja ein Ziel, dort im Hauptbewerb zu stehen, das ist grandios." Nun möchte Meusburger natürlich in Flushing Meadows auch gerne eine Runde überstehen. "Und dann schauen wir, wo die Reise hingeht." Ein Erstrundensieg dort bringt ihr schon mehr Preisgeld als der Titel beim "Nürnberger Gastein Ladies".