Nach Dominic Thiem hat es auch für Sebastian Ofner in einem Fünfsatz-Krimi bei den Australian Open kein Happy End gegeben. Der Weltranglisten-37. unterlag am Dienstag bei seiner Premiere im Hauptbewerb des ersten Tennis-Grand-Slam-Turniers des Jahres Lokalmatador Thanasi Kokkinakis nach 4:18 Stunden mit 6:7(1),6:2,7:6(4),1:6,8:10. Thiem hatte bereits am Montag gegen den Kanadier Felix Auger-Aliassime den Kürzeren gezogen. Österreich ist im Einzel somit nicht mehr vertreten.

Ofner war zuvor fünfmal in der Qualifikation von Melbourne gescheitert. Diesmal war der 27-Jährige aufgrund seines Vorstoßes im Ranking auf Position 37 fix für Runde eins qualifiziert. Deshalb war er am Papier auch als Favorit in die erste Begegnung mit der Nummer 80 der Welt gegangen, konnte dem aber in der John Cain Arena knapp nicht gerecht werden. In der Weltrangliste wird er seine bisher beste Platzierung nicht halten können, aus finanzieller Sicht sind die 73.000 Euro für jeden Erstrunden-Verlierer ein gewisser Trost.

Noch aggressiver

Ein paar Punkte gaben den Ausschlag. „Wenn es noch einmal so wäre, würde ich mir vielleicht ein bisschen mehr trauen, vor allem im Champions-Tiebreak eine Spur aggressiver spielen“, sagte Ofner. Viel vorzuwerfen hatte er sich nicht. „Es ist immer schwierig nach so einem Match, weil eigentlich nicht so viel falsch gelaufen ist beim Spielen“, resümierte der Steirer. Trotzdem fehlte das Erfolgserlebnis. „Das Größte, was man mitnehmen kann, ist, dass man immer dranbleiben muss, egal was passiert. Es kann sich immer drehen. Egal ob man sich schlecht oder gut fühlt, man muss schauen, dass man vielleicht irgendwie über so eine Partie drüber kommt.“

Ofner hatte ein „toughes“ Match gegen seinen ebenfalls 27-jährigen Gegner erwartet und das war auch der Fall. Schon im ersten Satz begegneten einander die beiden Akteure auf Augenhöhe. Ofner konnte beim Stand von 1:2 drei Breakbälle abwehren, auf der anderen Seite machte der Australier eine Möglichkeit des ÖTV-Akteurs bei 3:3 zunichte. Es ging ins Tiebreak, in dem Ofner einen Einbruch hatte. Keine ersten Aufschläge im Feld, viele unerzwungene Fehler - ein klares 1:7 war nach fast genau einer Stunde die Strafe.

Kopf aus der Schlinge gezogen

Es war allerdings nur eine kurze Schwächephase. Zum 4:2 schaffte der Steirer das erste Break im Spiel. Danach erhöhte er nach abgewehrter Breakchance auf 5:2 und verwertete auch seinen zweiten Satzball zum 6:2. Satz drei war wieder geprägt von starken Aufschlagleistungen. Bei 5:5 und 0:30 zog Ofner mit vier Punkten in Folge den Kopf aus der Schlinge und legte den Grundstein für ein weiteres Tiebreak. Diesmal glänzte der Österreicher da mit starkem, druckvollem Spiel und stellte mit 7:4 eine 2:1-Satzführung her.

Im vierten Durchgang brach Ofner ein frühes Break zum 0:2 das Genick. In seinem Spiel lief nichts mehr zusammen, auch die Anfeuerungsversuche von Touring-Coach Stefan Rettl halfen da nichts. Kokkinakis erzwang schon nach 29 Minuten einen fünften Satz. Dort kam Ofner nur bei einem knappen Punkt beim Stand von 2:1 und 30:30 einem Break nahe. „Es war das einzige Mal im fünften Satz, dass ich das Gefühl gehabt habe, dass da eventuell eine kleine Chance da ist bei seinem Service“, sagte Ofner. Kokkinakis habe „unglaublich“ serviert. „Es war so schwierig, er hat mir so wenig Angriffsfläche bei seinem Service gegeben.“

Leichter Rückhandfehler

Auf der anderen Seite war auch Ofner bei seinem Aufschlag ungefährdet. Deshalb musste ein Match-Tiebreak die Entscheidung bringen. Ofner machte da den ersten Punkt, musste aber meist hinten nachlaufen. Die entscheidende Phase war bei einer Führung von 7:6, als ein leichter Rückhandfehler Ofners dem Australier das 7:7 ermöglichte. Volles Risiko beim zweiten Aufschlag und dann ein weiterer leichter Rückhandfehler des ÖTV-Spielers ebneten Kokkinakis, der 26 Asse servierte (Anm.: Ofner 15), den Weg zum Erfolg.

Nach mehr als vier Stunden verwertete dieser seinen zweiten Matchball und das zur Freude des Heimpublikums, das den Lokalmatador lautstark angetrieben hatte. „Es macht viel mehr Spaß am Platz zu stehen, wenn man solche Zuschauer hat. Man muss sagen, dass sie größtenteils echt fair waren“, verlautete Ofner. „Sobald es losgegangen ist, war Ruhe, von dem war das echt in Ordnung.“ Den Großteil der Arena gegen sich zu haben, sei auch nicht zwingend ein Nachteil. Man könne das mit der nötigen mentalen Stärke auch gut für sich nutzen.

Doppelt so viele Winner

Am Ende gab es den für die Fans richtigen Sieger. „Es war ein echter Kampf. Er ist ein sehr guter Spieler, mit einer Menge Power in seinen Schlägen. Er hat gezeigt, warum er die Nummer 37 der Welt ist“, lobte Kokkinakis den Verlierer. Das Publikum und sein Service hätten ihm sehr geholfen. Ofner als über weite Strecken aktiverer Spieler wurde nicht belohnt. Mit 77:43 hatte er fast doppelt so viele Winner geschlagen, mit 61:32 waren ihm aber auch mehr unerzwungene Fehler unterlaufen. Ofner verlor erstmals in seiner Karriere ein Grand-Slam-Fünfsatz-Match. 2017 in der 2. Wimbledon-Runde und 2023 in der 3. Paris-Runde war er erfolgreich gewesen.

Nichts wird es so mit einem Aufeinandertreffen mit Grigor Dimitrow. Der als Nummer 13 gesetzte Bulgare darf sich nach seinem 4:6,6:3,7:6(1),6:2-Erfolg über den Ungarn Marton Fucsovics in der 2. Runde mit Kokkinakis messen. Zu Ende ist das Turnier für Ofner, der seinen nächsten Einzel-Einsatz im Davis Cup haben wird, ehe es nach Südamerika geht, aber noch nicht, da er mit dem Franzosen Alexandre Muller auch Doppel spielt. In dem Bewerb versuchen auch Alexander Erler/Lucas Miedler ihr Glück. Bereits das Aus in Runde eins kam am Dienstag für Sam Weissborn mit seinem monegassischen Partner Romain Arneodo.