Der Tiroler Stefan Denifl hat sich mit dem unerwarteten Sieg bei der Österreich-Radrundfahrt den mit Abstand größten Erfolg seiner Karriere gesichert. Der 29-Jährige aus dem irischen Aqua-Blue-Team durfte sich am Samstag in Wels als erster einheimischer Sieger der Tour seit Riccardo Zoidl 2013 feiern lassen. Und damit nicht genug des Glücks, er wird nämlich in den nächsten Tagen erstmals Vater.
Seine Partnerin Melanie und seine Familie mit seinem Vater, dem ehemaligen Olympia-Mountainbiker Ernst Denifl, waren es auch, die ihn auf dem Weg zurück von einer langwierigen Knieverletzung unterstützt haben. "Sie haben mir sehr geholfen, mein Umfeld hat mich top unterstützt. Es hätte auch das Karriereende sein können, haben manche Ärzte gesagt. Aber jetzt bin endlich wieder da, wo ich 2013 und 2014 war", betonte der Bergspezialist aus Fulpmes, dessen Freundin die Schwägerin von Ex-Rundfahrtsieger Georg Totschnig ist.
Denifl hatte nach seiner neunmonatigen Verletzungspause 2014/15 zwar schon mehrfach - unter anderem mit dem Bergtrikot der Tour de Suisse 2015 - aufgezeigt, ein ganz großer Erfolg ließ bis dato aber auf sich warten. "Ich bin in den letzten Jahren schon oft drangewesen, habe mehrmals nur knapp einen Sieg verpasst. Diesmal hat alles gepasst", sagte Denifl im Gespräch mit der APA - Austria Presse Agentur.
Die Ausbootung durch sein Team vor der Tour de Suisse ("Ich weiß bis heute nicht genau warum") habe ihn in Hinblick auf die Ö-Tour nur noch mehr angetrieben, so Denifl. "Ich habe mich top vorbereitet, wegen der Tour de Suisse war auch ein bisschen Frust dabei und ich habe noch härter trainiert."
Einigermaßen überraschend kommt sein Triumph aber schon, denn seine vorherigen Saisonleistungen und die Nichtberücksichtigung für die Tour de Suisse Mitte Juni nicht unbedingt Titelhoffnungen geweckt hatten. Während Zoidl nach einer hervorragenden Saison als Mitfavorit gehandelt worden war, hatte Denifl lediglich als Anwärter auf einen weiteren Top-Ten-Platz gegolten. Diese waren ihm 2009 (8.), 2010 (7.) und 2015 (10.) gelungen.
Diesmal spielte dem 1,79 m großen und 65 kg leichten Bergspezialisten auch der Rennverlauf ein wenig in die Karten. Im Gegensatz zu etlichen Topfahrern ließ er sich auf der ersten Etappe von einem Sturz im Feld und viel Gegenwind nicht überraschen und kletterte später als Zweiter am Kitzbüheler Horn ins Gelbe Trikot. Diese Führung verteidigte er auf der folgenden Königsetappe mit einer Husarenritt in der Großglockner-Abfahrt mit Bravour. Auch im welligen 200-km-Schlussabschnitt nach Wels ließ er es sich den Sieg nicht mehr nehmen.
"Klar ist es auch gut gelaufen mit der ersten Etappe. Aber das Horn war schon eine super Leitung. Man muss schon ein kompletter Rennfahrer sein, um die Rundfahrt zu gewinnen", stellte Denifl klar. Die Hitzebedingen erwiesen sich ebenfalls als Vorteil. "Ich mag es gerne, wenn es warm und sonnig ist." Und endlich sei auch einmal das Glück auf seiner Seite gewesen. "Ich denke, es gleicht sich alles ein bisschen aus über die Jahre gesehen. Und Glück braucht man auch."
Sein nächstes Renn-Highlight ist die Vuelta a Espana im Frühherbst. Die WM in Norwegen sei hingegen kein Thema. Sehr wohl aber jene 2018 in seiner Tiroler Heimat. Ob er dann auch noch für den Zweitliga-Rennstall Aqua Blue fährt, bleibt abzuwarten. Schließlich hat er sich mit dem Rundfahrtsieg auch wieder ins internationale Rampenlicht gestellt.
Auf der großen Bühne war der zu Beginn seiner Laufbahn für die heimischen Teams Volksbank und Elk Haus fahrende Tiroler bereits von 2010 bis 2016 unterwegs. Unter anderem für Leopard Trek, Vacansoleil und zuletzt vier Jahre für IAM zeigte er immer wieder starke Leistungen. So sicherte er sich beispielsweise Rang fünf beim World-Tour-Rennen Grand Prix Montreal (2011) und Rang sieben beim stets hochkarätig besetzten Etappenrennen Paris-Nizza (2014). Auch ein sechster Etappenrang beim Giro d'Italia 2016 hat er zu Buche stehen.