Zum 29. Mal macht die Tour de France am Samstag in L'Alpe d'Huez Station. Die Königsetappe hinauf zur Skistation gilt als das größte Volksfest der Tour und Bühne für Tragödien wie große Momente. Sportlich wird spätestens am Ende dieser 20. Etappe die Entscheidung gefallen sein. Der Gesamt-Zweite Nairo Quintana will alles probieren, um Leader Christopher Froome das Gelbe Trikot noch zu entreißen.

"Bis zum Ziel in L'Alpe d'Huez werde ich kämpfen. Ich werde meinen Traum nicht aufgeben. Der zweite Platz wäre kein Desaster, aber ich will Gelb", sagte Quintana. Derzeit hat der 59 kg leichte Bergfloh aus Kolumbien 3:10 Minuten Rückstand auf den Briten Froome. Womöglich wird Quintana ausgerechnet auf dem 13,8 km langen Anstieg hinauf in den Skiort die dafür notwendige Attacke versuchen zu reiten.

Kein Platz mehr

An Motivation sollte es nicht fehlen: Mindestens 500.000 Radsport-Fans werden die schmale Straße säumen und den Fahrern dabei nur eine winzige Gasse lassen. Seit Tagen pilgern Radsportfans aus aller Welt zu den 21 berühmtesten Radsport-Serpentinen der Welt. Schon lange ist entlang der Strecke hinauf kein Platz mehr zu bekommen, Zelte und Wohnmobile besetzen jeden Flecken Erde.

Der Kolumbianer Quintana ist gleichzeitig der einzige Kontrahent, den Froome noch fürchten muss. Vorjahressieger Vincenzo Nibali präsentiert sich außer Form, Giro-Sieger Alberto Contador verspielte mit einem Sturz am Mittwoch wohl die letzten Hoffnungen auf einen dritten Sieg, und der US-Amerikaner Tejay van Garderen musste krankheitsbedingt aufgeben.

Die Rundfahrt sei noch nicht vorbei, ein Moment der Schwäche könne viel Zeit kosten, sagt auch Froome. Er weiß um die Gefährlichkeit des Kolumbianers. Schließlich ist der 25-Jährige im Hochgebirge zu Hause. In seiner Heimat Combita, 150 Kilometer nördlich von der Hauptstadt Bogota lebt und trainiert Quintana auf rund 2.800 Metern Höhe. Dass er vor der Tour mehr als 40 Tage quasi verschollen von der europäischen Radsport-Landkarte in seiner Heimat weilte, öffnete die Tür zu Dopingverdächtigungen, die etwa auch Nibali befeuerte.

Dominanz der Niederländer

Das verärgerte den sonst so ruhigen Quintana. "Kolumbien ist kein Land, das verloren im Dschungel liegt. Wir haben dort auch Dopingkontrollen. Ich bin fünfmal getestet worden", sagte der Kletterer, der sich mit einem Sieg hinauf auf den Alpe in eine illustre Runde einreihen könnte.

Erster Sieger dort war 1952 der Italiener Fausto Coppi. Danach dauerte es bis 1976, ehe die Rundfahrt erneut Station auf 1.850 m Höhe machte. Seitdem kommt die Tour regelmäßig vorbei. In den 1970er- und 80er-Jahren dominierten die Niederländer. Acht Etappensiege von niederländischen Profis haben den Anstieg zum "Berg der Holländer" gemacht. Auch in diesem Jahr werden wieder Zehntausende "Oranje"-Fans die Strecke säumen.

Zuletzt siegten 2011 und 2013 mit Pierre Rolland und Christophe Riblon zwei Lokalmatadore. Ihre Namen wurde wie die der übrigen Sieger in den 21 rücklaufend nummerierten Kehren auf Tafeln verewigt. Der Name von Dopingsünder Lance Armstrong in den Kurven 19 und 21 ist übrigens nicht gestrichen worden.