Angenommen, es wäre vor drei Wochen jemand gekommen und hätte Ihnen gesagt, Sie würden in Paris als "Bergkönig" auf dem Podium der Tour de France stehen?
BERNHARD KOHL: Ich hätte es nicht geglaubt. Und es ist doch unglaublich, oder?

Aber Österreich hat Sie in den vergangenen Tagen sogar schon ins Gelbe Trikot gesteckt gehabt. Wie realistisch war das wirklich?
KOHL: Gar nicht. Das war eine Spielerei der Medien, sonst gar nichts. Ich wollte vorne mitfahren, wollte zeigen, dass ich auch in der dritten Woche noch stark bin. Was ich jetzt erreicht habe, ist doch ohnehin viel mehr, als erwartet.

Aber es hat trotzdem in den Alpen nicht allzu viel gefehlt?
KOHL: Das waren ein paar Kilometer. Ich habe am Funk gehört, dass ich 50 Sekunden vor einer Gruppe bin. Und dann habe ich 110 Prozent gegeben. Okay, es ist sich um sieben Sekunden nicht ausgegangen. Aber dem trauere ich keinen Augenblick nach. Ich habe noch ein paar Jahre vor mir und das Gelbe Trikot läuft mir ja nicht davon.

Wäre mit einem besseren Team im Rücken nicht vielleicht noch mehr möglich gewesen?
KOHL: Wieso? Wie kommen Sie darauf? Unsere Taktik war perfekt. Es war so lange es ging zumindest ein Mann bei mir. Man hat mich zu 110 Prozent unterstützt. Dass im Hochgebirge keiner aus unserer Mannschaft mit mir mitfahren kann, das war von vorne herein klar.

Sie sollen sich akribisch wie kein Zweiter auf diese Tour vorbereitet haben. Lässt sich so ein Erfolg wirklich planen?
KOHL: Planen bis zu einem gewissen Punkt. Ich kann für mich persönlich alles perfekt machen. Ob das am Ende reicht, weißt du natürlich nie.

Auch heuer hat das Doping-Problem seine Schatten auf die Tour geworfen. Waren das Einzelfälle? Oder war die Tour neuerlich an der Kippe?
KOHL: Die Franzosen haben viel kontrolliert und gezielt kontrolliert. Das hat seine Früchte getragen. Der Radsport geht nun sehr offensiv an die Problematik heran. Wer betrügt, wird auch erwischt. Man muss sich nur anschauen, wie eng das Klassement heuer über die drei Wochen zusammen gerückt war. Das macht den Radsport ganz sicher wieder glaubwürdiger.