Herr Duvnjak, herzlich willkommen in Graz. Wie gut kennen Sie die Stadt mittlerweile? Sie waren ja jetzt schon öfters hier.
DOMAGOJ DUVNJAK: An Graz habe ich nur gute Erinnerungen. Da war die EM 2010, wo wir in der Vorrunde alle drei Spiele gewonnen und es dann ins Finale geschafft haben. Es waren so viele Kroaten hier, dass es Heimspiele für uns waren. Die Atmosphäre war überragend. Und mit meinem Verein Kiel waren wir im Sommer da. Ich war zwei, drei Mal in der Stadt, aber eigentlich kenne ich nur Hotels und die Hallen.
Kroatien war Olympiasieger, Weltmeister, aber noch nie Europameister. Scherzhaft gefragt: Wie konnte das passieren?
DUVNJAK (schmunzelnd): Keine Ahnung. Wir sind seit 15 Jahren ganz oben und haben uns hart erarbeitet, dass wir bei jedem großen Turnier zu den Favoriten gezählt werden. Zum Sport gehört letztlich aber auch das gewisse Quäntchen Glück dazu. Ich war zwei Mal in einem EM-Finale, entschieden haben am Ende immer nur Kleinigkeiten.
Kroatien ist ein sportverrücktes Land, von den 5300 Zuschauern werden in Graz rund die Hälfte kroatische Anhänger sein.
DUVNJAK: Es werden wie 2010 Heimspiele für uns, und darauf freue ich mich. Für Kroaten bedeutete das Nationalteam alles, die Leute lieben den Sport. Es war unglaublich, was 2018 bei der Fußball-WM los war. Im Jänner schauen sie Handball im TV, es gibt in diesem Monat sonst nicht so viel. Da ist Handball die absolute Nummer eins, sonst sind wir die Nummer zwei hinter Fußball.
Kroatien ist nicht nur im Handball Weltspitze, sondern auch im Basketball, Volleyball, Wasserball, Fußball und vielen, vielen anderen Sportarten. Gründe dafür?
DUVNJAK: Ich weiß zwar nicht, warum, aber es ist einfach so: Wir Kroaten haben Sport in unseren Genen. Wir haben Talent, wir sind sehr stolz, wir geben nie auf – und deshalb sind wir auch so erfolgreich.
In der EM-Vorrunde habt ihr jetzt mit Montenegro, Weißrussland und Serbien lauter Gruppengegner, die eher zum Aufwärmen für Größeres sind.
DUVNJAK: Unser erstes Ziel ist einmal, zwei Punkte von Graz in die Hauptrunde nach Wien mitzunehmen. Aber eigentlich sind wir in der ersten Phase eines großen Turnieres wie Papageien, die immer dasselbe erzählen: Ja, wir zählen zu den Favoriten. Ja, wir wollen ins Halbfinale und ins Finale, und ja, wir wollen den Titel. Aber wie vorher schon gesagt: Im Sport gehört eben auch das nötige Quäntchen Glück dazu.
Welche Rolle könnte die österreichische Mannschaft bei dieser EM spielen?
DUVNJAK: Österreich hat ein richtig gutes Team. Dazu kommen die Stimmung und die Begeisterung bei einer Heim-EM. Für mich ist Österreich in der Gruppe in Wien Favorit.
Mit Nikola Bilyk, Ihrem Teamkollegen in Kiel, hat Österreich aber nur einen Weltklassespieler.
DUVNJAK: Niko ist unglaublich. Er ist zwar erst 23, aber im Kopf schon um viele Jahre reifer. Ich habe noch nie einen Spieler gesehen, der den Sport so lebt wie er. Sein Talent gepaart mit dem Trainingsehrgeiz ist Wahnsinn. Und er hat so einen geilen Wurf. Ich hoffe, er wird Welthandballer. Ich liebe ihn.