"Ich möchte, dass der Bobsport groß bleibt“, sagt Francesco Friedrich. Dabei ist er doch der Allergrößte in seiner Sportart. Dreifacher Olympiasieger (in Peking raste er im Zweier sogar mit einem „Leihbob“ der Europameisterin Kim Kalicki zu Gold), 13-facher Weltmeister, 66-facher Weltcupsieger und 14-facher Gesamtweltcupgewinner. Erfolgsende? Noch nicht in Sicht. Nur wenige können ihm das Wasser reichen.

Der Weg bis hierhin war allerdings steinig, mit etlichen Rückschlägen verbunden. Friedrich musste sich sein „Standing“ hart erarbeiten. In jungen Jahren war ein Trainer der Überzeugung, dass Friedrich kein Potenzial im Bob habe, sich besser „etwas anderes suchen sollte“. Nur der ließ sich nicht entmutigen – und belehrte ihn eines Besseren. „Meine Hartnäckigkeit und Selbstdisziplin sind Teil davon, wieso sich der Kampf ausgezahlt hat. Zum Bobsport bin ich als Leichtathlet über viele Zufälle und meinen größeren Bruder David gekommen, der damals schon aktiv im Bobsport gewesen ist“, erzählt Friedrich, der sich einst mit einem 400-Euro-Job als Bademeister durchschlug.

2005 erlebte die Familie ihren Schockmoment, als eben Bruder David schwer verunglückte. Schädeltrauma, Koma und drei Monate Rehabilitation waren die Folge, David musste praktisch alles wieder neu erlernen. Damals plagten Francesco Friedrich Selbstzweifel, ob der Bob wirklich der richtige Sport sei. Es ist es, definitiv. Und 2011 war auch das „Familienglück“ wieder perfekt, als die Brüderpaarung Francesco/David für Deutschland zu Junioren-WM-Silber raste.

"Ein absoluter Wettkämpfer"

Die Bob-Ikone ist „24/7-Athlet“ und weiß, was er sich abverlangen kann. Einerseits bezeichnet er sich als Speed- und Adrenalinjunkie, andererseits kommt ihm seine ruhige, innerlich gelassene Art entgegen: Er schafft es in den entscheidenden Momenten, sich auf das Wesentliche zu konzentrieren. Friedrich ist ein absoluter Wettkämpfer. „Ich will nie etwas dem Zufall überlassen und bin davon überzeugt, dass die Kunst des Könnens im Wollen liegt“, sagt der Ausnahmekönner, der heuer 16 von 18 Rennen im Zweier- und Vierer-Bob für sich entschied.

Dabei begann das Olympiajahr problematisch und mit einer Corona-Infektion der gesamten Mannschaft. Der Form-Aufbau wurde aber nachjustiert und diszipliniert durchgezogen. Experimente? Fehlanzeige. „Wir haben bewährte Trainingsmethoden und -inhalte der erfolgreichen letzten Wettkampfjahre wiederholt und noch mehr Aufmerksamkeit auf die hohe Qualität regenerativer Maßnahmen gelegt“, sagt der Bob-„Kaiser“ mit Spitznamen „Franz“. Seinem Motto wird er auch vor dem Vierer-Bob in der Nacht auf Samstag treu bleiben: „Wenn du an der Spitze angekommen bist, musst du immer wieder neue Wege finden, um dort bleiben zu können. Ansonsten wirst du überholt.“

Der Mann aus Pirna nahe Dresden liebt es, an seinem Bob zu tüfteln. Er, selbst ernannter „Krümelkacker“, konkretisiert, wie essenziell alle Puzzleteile sind: „Am Ende muss alles bis ins kleinste Detail stimmen, um im Ziel der Schnellste zu sein.“ Und er verhehlt nicht, dass er die Konkurrenz „sekkieren“ will: Es knistert, „dass ich etwas zulegen kann, wenn mir die Gegner zu nahe kommen“. Der 31-jährige Polizeihauptmeister scheut dafür kein Risiko: „Es ist immens wichtig, aus Fehlern zu lernen. Und wenn ich nichts riskiere, kann ich auch nicht besser werden.

"Bescheiden und ein Teamspieler"

Bei allem Eifer blieb Friedrich aber immer bescheiden. Deshalb ist der zweifache Familienvater trotz aller Erfolge äußerst beliebt – und ein Teamspieler: Deutschlands Fahnenträger unterstützt auch in Peking einen seiner schärfsten Rivalen, den Österreicher Benjamin Maier. Angefangen hat alles mit 500 Euro – sozusagen als Starthilfe. Der Tiroler hatte eine Crowdfunding-Aktion gestartet, um den Bobsport weiterbetreiben zu können. Und Friedrich war dabei, wie Maier erzählt: „Er hat aus Jux teilgenommen. Sein Aufkleber (‚Bobteam Friedrich‘) ist auf unserem Bob. Ich mache quasi Werbung für ihn. Ob sie für ihn lukrativ ist, bleibt die Frage“, erzählt Maier lächelnd. Denn aus den 500 Euro wurde ein Sponsorvertrag, der Maier auch anspornt. In Sigulda gab es 500 Euro „Extraprämie“, weil der Tiroler den Mäzen hinter sich ließ.

Sollte Maier dieses Kunststück tatsächlich auch in Peking gelingen, würde der Spieß allerdings umgedreht werden. Dann müsste der Österreicher 500 Euro an den Deutschen überweisen. Lasset die Vierer-Bob-Spiele beginnen!