Am 26. Juli 2024 wird Paris verzaubert sein – oder zumindest Teile davon: Dann, wenn die 33. Olympischen Sommerspiele auf ganz besondere Art und Weise eröffnet werden. Die Zeremonie wird erstmals nicht in einem Stadion stattfinden, nein, die ganze Stadt wird Bühne. Oder besser die Lebensader der Stadt, die Seine. Zwischen „Pont d‘Austerlitz“ geht es auf Barlassen vorbei an Île-de-France (mit der Kathedrale Notre-Dame), Louvre, Place de la Concorde und dem Obelisken bis zum Eiffelturm. 600.000 Zuschauer sollen live dabei sein können, wenn nach 1900 und 1924 zum dritten Mal das olympische Feuer in Frankreichs Hauptstadt entzündet wird.
Das letzte Mal ist allerdings schon 100 Jahre her – und 1924 war noch vieles anders, ganz zu schweigen vom Jahr 1900. Damals waren das erste Mal auch Frauen bei den Spielen dabei. 2024 wird es das erste Mal sein, dass die olympische Bewegung eines ihrer Ziele – Gleichberechtigung – auch wirklich erreicht: Exakt 50 Prozent, also jeweils 5250 Athletinnen bzw. Athleten – sind startberechtigt. Nicht nur deswegen sollen die Spiele ein „Wendepunkt in der Geschichte“ werden, wie IOC-Präsident Thomas Bach nach dem letzten Besuch erklärte und sich wie immer in Eigenlob und Superlativen erging: „Nachhaltiger, urbaner, inklusiver, gleichberechtigt – es werden weit offene Spiele sein, wie es der Slogan sagt: ‚Games Wide Open‘“.
Das Eigenlob bedeutet aber nicht, dass es sorgenfreie Spiele werden, im Gegenteil. Und das beginnt schon bei der Errichtung des Olympischen Dorfs, das im Stadtteil Saint-Denis, unweit des „Stade de France“, errichtet wird. Das Dorf wird, so der Plan der Organisatoren, das nachhaltige Erbe der Spiele werden, später sollen 2800 Wohnungen aus dem Komplex werden, der während der Spiele 15.000 und während der Paralympics 6000 Teilnehmerinnen und Teilnehmern Platz bietet. Und das in einem Stadtteil, der derzeit nicht zu den Prunkstücken der Metropole zählt und als Problemstadtteil gibt. Aber selbst der (gelungene) Versuch, beim Bau auf Nachhaltigkeit zu setzen – dank der Verwendung von Holz, dem Transport mit Schiffen und Erdwärme für Heizung bzw. Kühlung sollen die CO₂-Emissionen um 47 Prozent reduziert worden sein –, gibt es bereits Kritik: So fürchtet man sich davor, dass die Wohnungen nicht für die soziale Unterschicht zur Verfügung stehen werden, die derzeit in dem Viertel wohnt und so die Lebenshaltungskosten durch Olympia in die Höhe schnellen.
Die Kosten sind überhaupt einer der Eckpunkte der Kritik: So befürchtet man, dass die ohnehin überlastete Pariser Metro während der Spiele durch den zu erwartenden Ansturm von Besuchern (bereits jetzt sind 7,5 der 10 Millionen aufgelegten Tickets vergriffen) vor dem Zusammenbruch stehen wird. Dann ist da natürlich die Angst vor Terroranschlägen, die gerade in Frankreich evident ist. Die Lage hat sich durch die Krise in Israel samt des Einsatzes im Gazastreifen nicht entspannt. Und eines ist klar: So unpolitisch die Spiele und das Internationale Olympische Comité auch sein wollen, gerade in der Moderne holt die Politik den Sport immer wieder ein. Bestes Beispiel: der aufgehobene Ausschluss von Sportlerinnen und Sportlern aus Russland bzw. Weißrussland und die prompt erfolgte Drohung der Ukraine, gar keine Mannschaft zu entsenden. Der Appell von Präsident Bach, die aus der Antike traditionelle Zeit des Waffenstillstands und Friedens während der Spiele zu respektieren, klingt da beinahe wie Hohn.
Und, ja, um den Sport geht es letztlich doch: In 32 Sportarten werden drei Jahre nach den letzten Spielen in Tokio und zwölf Jahre nach den bisher letzten Spielen in Europa (in London 2012) in 329 Wettkämpfen Medaillen vergeben. Nicht nur in Paris, denn die modernen Zeiten erlauben und gebieten es auch, dass die Spiele nicht mehr nur in einer Stadt ausgetragen werden, so ikonisch Wettkampfstätten wie das Stade de France, der Parc des Princes, die Flächen rund um den Eiffelturm und natürlich das Areal Roland-Garros für Tennis auch sind. So werden etwa die Segelbewerbe vor Marseille am Mittelmeer ausgetragen, die Surfer, die wie Klettern (war in Tokio „nur“ Vorführbewerb), Breaking und Skateboard erstmals fix im Programm sind, ihre Olympiasieger vor Tahiti küren.
Das Hoffen auf Medaillen für Österreich
Und Österreich? Hofft, nach den für Sommerspiele mit sieben Medaillen und Gold durch Radfahrerin Anna Kiesenhofer als Höhepunkt auch aus Paris wieder mit Zählbarem zurück nach Hause zu kommen. Auch in Frankreich sind vor allem der Radsport (mit den Mountainbikerinnen Mona Mitterwallner und Laura Stigger), und die Kletterer um Jakob Schubert und Jessica Pilz die heißesten Eisen. Und ein klein wenig darf sich Österreich doch als Vorreiter fühlen: Die Idee, die Eröffnung auf dem Fluss durch die Stadt auszutragen, gab es schon einmal. Salzburg hatte diesen Plan in der Bewerbung für die Winterspiele 2010 ebenfalls vorgetragen – den Zuschlag hatte damals aber Vancouver erhalten.