Ein etwas seltsames Rennen, mit ungewohnten Zwischenfällen, vielen Strafen wegen Tracklimits, einer kuriosen Reifensituation, grenzwertiger Hitze – aber einem Fixpunkt: Einen Tag, nachdem er sich im Sprint von Katar seinen dritten WM-Titel gesichert hatte, holte sich Max Verstappen souverän den 49. Sieg seiner Karriere, den bereits 14. in dieser Saison. Bei 31 Grad Hitze und über 75 Prozent Luftfeuchtigkeit belegten die beiden McLaren-Piloten Oscar Piastri und Lando Norris die Plätze zwei und drei – allen drei Piloten war die Anstrengung nach dem Rennen deutlich anzusehen.

„Das anstrengendste Rennen meiner Karriere“, stöhnte Piastri, der am Samstag bereits den Sprint gewonnen hatte und dann am Sonntag auch zum Mann des Rennens gewählt worden war. Der 22-jährige Australier musste sich im Green Room vor der Siegerehrung kurz auf den Boden legen, ehe er aufs Podium steigen konnte.

Auch Max Verstappen, der das Rennen immer kontrollierte und am Ende auch noch die schnellste Rennrunde locker aus dem Ärmel schüttelte, musste sich sofort hinsetzen: „Es war zumindest eines der fünf härtesten Rennen, die ich je gefahren bin. Was heute den Ausschlag gegeben hat, war das erste Rennsegment. Da konnten wir tollen Speed zeigen. Nachher ging es nur noch darum, auf die Reifen zu achten. Aber ich musste auf der Hut bleiben, denn die McLaren haben einen tollen Speed gezeigt. Und wir mussten uns eine Sicherheitsmarge belassen, denn du weißt nie, was noch passiert.“

Williams-Pilot Logan Sargeant hatte wegen Übelkeit vor Rennende aufgeben müssen, George Russel meinte, er hätte zwischenzeitlich befürchtet, im Auto ohnmächtig zu werden, Fernando Alonso wünschte sich bei einem Boxenstopp einen Schwall kaltes Wasser ins Cockpit, einige Fahrer versuchten zwischenzeitlich kurz ihr Helmvisier zu öffnen. „So verschwitzt habe ich Max noch nie gesehen“, meinte auch Red-Bull-Motorsportkoordinator Dr. Helmut Marko. Neben den äußeren Bedingungen hätten wohl auch die vielen Boxenstopps eine Rolle gespielt: „Durch die häufigen Reifenwechsel war das quasi ein Sprint über eineinhalb Stunden.“

Die wurden deshalb nötig, weil der Grand Prix von Anfang an im Zeichen eines Reifenchaos stand: Die Fachleute von Pirelli hatten bereits am Freitagabend Schäden an den Reifen entdeckt, beim Übergang von Lauffläche zur Karkasse, wohl bedingt durch das wiederholten Überfahren der 5 cm hohen, pyramidenförmigen Randsteine am Losail International Circuit. Für den Samstag wurde daher in den besonders kritischen Highspeed-Rechtskurven 12 und 13 wurde die Fahrlinie um 80 Zentimeter nach innen verlegt – doch das reichte nicht.

Auch nach dem Sprintrennen stellte Pirelli wieder Schäden fest – sodass man zusammen mit der FIA festlegte: Aus Sicherheitsgründen dürfen mit jedem Reifensatz nur maximal 18 Runden gefahren werden – bei 57 Runden Renndistanz bedeutete das mindestens drei Boxenstopps. Was natürlich die geplanten Strategien deutlich beeinflusste und zeitweise für einen ziemlich unübersichtlichen Rennverlauf sorgte, aber auch einige Kritik hervorrief, vor allem an der Kommunikation zwischen Pirelli, der FIA und den lokalen Veranstaltern – schließlich war das Problem 2021 beim Katar-Debüt mit zahlreichen Reifenschäden auch schon aufgetreten.

Auf der Strecke sorgte dann Mercedes für den spektakulärsten Zwischenfall: Am Start war Lewis Hamilton mit den weichen Reifen sehr gut weggekommen, versuchte gleich in der ersten Kurve Verstappen anzugreifen, übersah dabei aber seinen Teamkollegen George Russell, der ins Sandwich geriet – beide Mercedes im Kies, Hamilton ganz draußen, Russell konnte nach Boxenstopp immerhin weiterfahren, ärgerte sich in der folgenden Safety-Car-Phase aber immer wieder lautstark am Funk. Am Ende mischte sich sogar Teamchef Toto Wolff, nach einer Knieoperation nicht vor Ort, von seinem virtuellen Kommandostand zu Hause ein: „Okay, aber jetzt fahr dein Rennen und mach das Beste draus“, funkte er Russell an – was der dann auch tat und immerhin noch Platz vier am Ende herausfuhr.

Hamilton entschuldigte sich beim Team: „Es tut mir leid – ich übernehme dafür die Verantwortung.“ Auch Russell hatte sich nach der Zieldurchfahrt wieder beruhigt: „Wir hätten heute vielleicht beide aufs Podium fahren können, aber es war auch eine schwierige Situation, man sieht aus diesen Autos heraus so wenig...“

Einen kuriosen Fehler hatte sich bereits vor dem Start Nico Hülkenberg geleistet: Carlos Sainz, der in der Startaufstellung direkt vor ihm gestanden hätte, konnte wegen eines Problems im Benzinsystem seines Ferrari nicht antreten. Hülkenberg passte nicht auf, stellte seinen Haas versehentlich in die Startbox des Spaniers und kassierte dafür eine Zehnsekunden-Strafe, was auch dazu beitrug, dass er nur auf Platz 16 landete.