Sie gelten als der beste und perfekteste Autorennfahrer der Gegenwart und sind die Lichtfigur der Formel 1. Was macht das aus einem 25-Jährigen?
MAX VERSTAPPEN: Nun, ich mache immer noch das Gleiche wie am Anfang. Ich habe mich nicht verändert. Ich fahre das Rennen, und wenn ich dann nach Hause gehe, sind da meine Familie und meine Freunde.

Wie gehen Sie mit ihrer weltweiten Popularität um? Wird sie oft zur Last?
Nein, nicht wirklich. Die Popularität der Formel 1 ist generell hoch und seit wir so viele Rennen gewinnen, ist es natürlich oft schon ein bisschen anstrengend mit den vielen Leuten um einen herum. Aber kein echtes Problem, das gehört dazu.

Sie sind autoaffin aufgewachsen, sind schon mit vier Jahren mit Rennkarts gefahren und haben einen Formel-1-Vertrag in der Tasche gehabt, noch bevor Sie den Führerschein hatten. War diese Fokussierung von Kindesbeinen an das Geheimnis des Erfolgs?
Die Begleitung meiner Eltern war sicher wesentlich, speziell im Alter von vier bis sechs Jahren. Mein Vater, der selbst in der Formel 1 gefahren ist, hat mir mit seiner Erfahrung sehr geholfen. Er war auch sehr streng. Und natürlich war es für mich oft hart, wenn ich gesehen habe, dass meine Freunde herumgelaufen sind und Spaß hatten, während wir gearbeitet haben. Aber rückblickend war alles richtig.

Gab es für Sie in diesem Getriebe überhaupt einmal einen Gedanken, etwas anderes zu werden als Rennfahrer?
Nein, das Ziel war immer die Formel 1. Ich habe Fußball gespielt und bin auf zwei Rädern gefahren, aber ich habe früh gemerkt, dass ich auf vier Rädern das meiste Talent habe.

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Die Automobilwelt befindet sich mitten in einer Transformation, das Auto ist dabei, sich neu zu erfinden, auch was die Nutzung betrifft: Wir reden von E-Mobilität, Wasserstoff, E-Fuels, autonomem Fahren. Wie sehen Sie persönlich den Wechsel, der ja auch den Motorsport betrifft?
Jetzt geht einmal alles in Richtung Elektro, aber es wird künftig auch nicht alles elektrisch sein und ein nebeneinander der Systeme geben. Es braucht Zeit. Die Formel 1 war immer ein Testlabor für die Industrie und ist es heute noch. Wir spüren die Verantwortung und unsere Techniker arbeiten täglich an der Entwicklung. Die Formel 1 wird ab 2026 mit 100 Prozent synthetischem Kraftstoff fahren. Das ist großartig.

Haben Sie schon Elektroautos ausprobiert?
Ja, natürlich! Ich bin einige Modelle von Ford gefahren. Beeindruckend, muss ich sagen, unglaublich, wie die Fahrzeuge beschleunigen. Perfekt für die Großstädte. Die kritischen Punkte sind immer noch Reichweite, Infrastruktur und Preise.

Würden Sie von heute auf morgen in die Formel E umsteigen?
Ich selber nicht. Kein Interesse.

Warum nicht?
Elektrisch fahren ist ganz was anderes als die Formel 1. Nicht mein Ding.

Würden Sie sich heute von einem autonom fahrenden Auto zur Rennstrecke bringen lassen?
Nein, ich fahre lieber selber. Oder ich lasse mich von meinem Vater chauffieren oder von jemandem, dem ich vertraue. Aber autonom? Nein, das würde ich keinesfalls ausprobieren wollen.

Haben Sie Verständnis für die Klima-Kleber der "Last Generation", die mit solchen Aktionen auf die bedrohliche Klima-Situation aufmerksam machen?
Ich finde es gut und wichtig, dass junge Menschen aufstehen und ihre Stimme erheben. Aber ich glaube nicht, dass es der richtige Weg ist, sich an der Straße festzukleben. Es gibt andere Möglichkeiten, zu protestieren.

Ist ein Leben ohne Auto, ohne Motorsport, für Sie vorstellbar?
Eher nicht.

Wo sehen Sie sich in zehn Jahren?
Nicht mehr in der Formel 1.

Sondern?
Mehr zu Hause sein, ein bisschen mehr Spaß haben, auch verschiedene andere Rennserien fahren.

Indy, Le Mans etwa?
Le Mans sollte ich in zehn Jahren schon hinter mir haben.

Zurück zur Formel 1: Trotz Umweltdiskussion verzeichnet die gerade weltweit einen ungeheuren Boom. Wie ist das erklärbar?
Das hat sicher mit der neuen Vermarktungsstrategie des amerikanischen Eigentümers Liberty Media zu tun. Und dank Netflix boomt die Formel 1 vor allem bei der jungen Generation. Privat für uns Fahrer anstrengend, aber für die Fans natürlich gut.

Wie sehr vermissen Sie Didi Mateschitz?
Dietrich hat der Formel 1, Red Bull Racing und AlphaTauri viel bedeutet. Und auch den jungen Motorsport-Talenten, die er gefördert und unterstützt hat, meine Person inklusive. Wir hatten ein sehr spezielles, persönliches Verhältnis und ich vermisse ihn sehr. Mein letzter Besuch bei ihm und das wunderbare Gespräch werden mir ewig in Erinnerung bleiben.

Was ist Helmut Marko für Sie?
Helmut und ich verstehen uns sehr gut, er ist immer ehrlich und offen und hat den wahren Racing Spirit. Er hat mir vom ersten Tag an vertraut und auf mich gesetzt, er hat mir die Chance ermöglicht, in die Formel 1 zu kommen. Unsere Beziehung ist sehr besonders, er ist so etwas wie ein Ersatzvater.

Welchen Stellenwert hat Spielberg für Sie? Ein besonderer Grand Prix?
Absolut. Ich liebe es immer, nach Österreich zu kommen und mag die wunderschöne Umgebung von Spielberg sehr. Das Rennen am Red Bull Ring ist natürlich unser Heim-Grand-Prix und zu sehen, wie viele Fans uns hier unterstützen, ist unglaublich. Die in Orange gehüllten Tribünen mit den Bergen im Hintergrund, das alles schaut einfach großartig aus.