Oft war es in den letzten Jahren nicht der Fall, aber für diese Entscheidung haben sich FIA und Formel 1 Lob verdient. Der Große Preis der Emilia-Romagna findet am Wochenende nicht statt – mit guter Begründung. Ganz abgesehen der organisatorischen Probleme rund um das überflutete Fahrerlager wäre eine planmäßige Durchführung ein falsches Zeichen für die Menschen in der Region gewesen. Rund um Imola regnet es seit Wochen ununterbrochen, Flüsse treten über ihre Ufer, Regenmassen verschlucken Landschaften. Mindestens drei Menschen verloren bisher ihr Leben, hunderte ihre Existenzen.

Der Sport, so hilfreich er aus finanzieller Sicht für die lokale Wirtschaft auch seien mag, steht in solchen Ausnahmesituationen im Hintergrund und das hat die Formel 1 auch erkannt. „Es ist eine Tragödie zu sehen, was in der Region und in Imola passiert, der Stadt, in der ich aufgewachsen bin. Meine Gedanken und Gebete sind bei den Opfern“, ließ Formel-1-CEO Stefano Domenicali verlautbaren. Worte, die verdeutlichen, dass ein Rennen am Wochenende wohl niemals wirklich zur Debatte stand.

Rettungskräfte am Limit

Die Absage hilft vor allem den jetzt schon überforderten Rettungskräften in Italien. „Wir dürfen den Behörden in den Gemeinden und Städten keine zusätzliche Belastung auferlegen, während sie mit dieser schrecklichen Situation zu kämpfen haben“, sagte Domenicali weiter und sprach damit wohl den wichtigsten Punkt an, der zu dieser Entscheidung führte. Denn ein Formel-1-Wochenende ohne Rettungskräfte ist unvorstellbar. Alleine in Spielberg sind es jährlich mehr als 350 Personen, die aufgeteilt auf Rettung, Feuerwehr und Polizei rund um die Uhr im Einsatz sind. Kräfte, die in Imola abseits der Strecke gerade dringender gebraucht werden.

Verschiebung als Neustart

Ob das legendäre Rennen auf dem „Autodromo Internazionale Enzo e Dino“ in diesem Jahr noch nachgeholt wird, ist völlig offen. Die Königsklasse ist mit Blick in die Geschichtsbücher nicht wirklich dafür bekannt, einen abgesagten Grand Prix um jeden Preis nachzutragen. Bei einem vollgepackten Kalender mit 22 Rennwochenenden zwischen März und November kein Wunder. Dennoch könnte es angesichts der dramatischen Lage in der Emilia Romagna eine Ausnahme geben, bringt ein Formel-1-Grand-Prix doch Millionen für Tourismus, Gastronomie und die lokale Wirtschaft. Das Königsklassen-Doppel 2021 in Spielberg brachte der Steiermark Studien zufolge insgesamt nicht weniger als 27 Millionen Euro an Wertschöpfung. Geld, das nach den erschreckenden Bildern dieser Tage dringend in Imola und Umgebung gebraucht wird.

Gerüchte um eine Neuansetzung drehen bereits ihre Runden, als möglicher Termin wird das Wochenende nach dem Rennen in Spa-Francorchamps (4. bis 6. August) gehandelt. Bleibt zu hoffen, dass Teams und Weltverband die diversen Mitleidsbekundungen ernst meinen und nicht vergessen, wenn es um eine gemeinsame Lösung für eine Verschiebung des Rennens geht. Ein Neustart wäre den Menschen in der Region jedenfalls zu wünschen.