Ist das Undenkbare tatsächlich möglich? Könnte es in dieser Formel-1-Saison wirklich noch zu einer Art von Spannung an der Spitze kommen? Geht es nach den Fans in Rot, war die Poleposition von Charles Leclerc in Baku die Antwort darauf. Ferrari ist zurück, der übermächtige Bulle angestachelt und alles angerichtet für das große Comeback der Scuderia.

Just am ersten Mega-Wochenende, mit zwei Qualifyings, einem Sprint und dem Rennen am Sonntag, fügte der Monegasse dem zweifachen Weltmeister Max Verstappen eine kleine Niederlage zu, indem er es wagte, seinen SF-23 auf die Poleposition zu stellen. „Natürlich bin ich überrascht. Wir haben zwar schon gedacht, dass es ein tolles Wochenende wird, nur war das Ziel, vor Aston Martin und Mercedes zu sein“, sagte Leclerc mit einem breiten Grinsen im Gesicht. Auch Rennleiter Laurent Mekies, zukünftig Teamchef von AlphaTauri, durfte nach zahlreichen Rückschlägen zum Beginn der Saison wieder einmal ein erfreuliches Interview geben. „Es war ein gutes Qualifying und wir können zufrieden sein. Die Pace ist besser, das haben wir schon nach Melbourne gemerkt.“

Doch bei all der Euphorie musste selbst Mekies die eigenen Erwartungen schnell wieder drosseln. Im Rennen dürften die Italiener wohl keine Chance gegen Red Bull haben – auch wenn der 46-Jährige es nicht in dieser Deutlichkeit sagen wollte. „Wir haben durch das neue Format mit dem Sprint noch weniger Zeit, die Performance einzuschätzen. Für uns ist es völlig offen, ob wir tatsächlich auch im Rennen Fortschritte gemacht haben.“

Und nicht nur als AlphaTauri-Fan darf man dem zukünftigen Chef diesbezüglich vertrauen. Ob und wann Ferrari die Lücke zu Red Bull schließen kann, wissen die Italiener wohl selbst nicht. Zwar war man in Australien mit Carlos Sainz schon teilweise das schnellste Auto auf der Strecke, Zuverlässigkeit und Reifenverschleiß machten dem Rennstall von Teamchef Frederic Vasseur schon oft ein gutes Ergebnis zunichte. Im heutigen Sprint und dem Rennen am Sonntag dürften diese Themen aber einmal mehr entscheidend werden. Dass Ferrari den stärksten Motor im Feld hat, ist ein offenes Geheimnis. Für die Spannung in der Formel 1 wäre es nun auch zu wünschen, dass die italienischen Pferde auch einmal den Weg auf die Strecke finden.

Abgesehen von Ferrari war McLaren im Qualifying die positive Überraschung, platzierte sich Lando Norris auf Startplatz sieben und Oscar Piastri auf Rang zehn. Nyck de Vries und Pierre Gasly zerstörten ihren Boliden an gleicher Stelle und sorgten für Unterbrechungen. Diese sind wohl auch heute unumgänglich, sorgt doch das neue Sprint-Format (siehe rechts) für noch mehr Betrieb auf den extrem engen Straßen von Baku.