Mit einer Fabelrunde hat Lewis Hamilton sein Idol Ayrton Senna übertroffen. Der englische Mercedes-Pilot sicherte sich am Samstag in Baku mit Bestzeit in letzter Sekunde seine 66. Pole und verwies dabei Teamkollege Valtteri Bottas klar auf Platz zwei. Red Bull schaffte die erhoffte erste Reihe nicht, Max Verstappen musste sich hinter beiden Mercedes und Ferraris mit Platz fünf begnügen.

Noch am Freitag war das Team von Dietrich Mateschitz in Baku mit Verstappen-Bestzeiten in beiden Trainings die Überraschung schlechthin gewesen. Ein verbessertes Auto sowie ein neues Mapping der Renault-Motoren mit einem Zeitgewinn von gut zwei Zehntel Sekunden hatte die "Bullen" in Aserbaidschan noch stark beflügelt.

Mercedes setzt Überlegenheit fort

Die deshalb aufgekommene Hoffnung von Motorsport-Berater Helmut Marko auf einen Platz in der ersten Startreihe erfüllte sich an einem problematischen Samstag aber nicht. Verstappen blieb schon im FP3 mit einem Hydraulikdefekt liegen, Daniel Ricciardo musste das Qualifying nach einem "Mauerkuss" vorzeitig beenden und wurde nur Zehnter.

Die Hoffnungen auf einen Dreikampf erfüllten sich damit zumindest im Qualifying für den achten WM-Saisonlauf nicht. Vielmehr setzte Mercedes nach dem Doppelsieg von Kanada die Überlegenheit auch am anderen Ende der Welt fort.

Vor allem Hamilton fuhr auf der einzigen Formel-1-Strecke, auf der er noch nicht gewonnen hat, wie vom anderen Stern. Nachdem Q3 wegen des Ricciardo-Unfalls 3:33 Minuten vor Schluss unterbrochen werden musste, nutzte der dreifache Champion die letzten Sekunden für den perfekten "Schuss". Mit seiner Zeit von 1:40,593 Min. war er um 0,434 Sek. schneller als Bottas und blieb über zwei Sekunden unter der Pole-Zeit von Vorjahressieger Nico Rosberg. Nachdem in Baku erst zum zweiten Mal ein Rennen stattfindet, war also noch nie wer mit einer schnelleren Zeit auf der Pole Position.

Zweite Doppelpole des Jahres für Mercedes

"Das war eine der aufregendsten Runden des Jahres", sagte Hamilton nach seiner bereits fünften und auch klarsten Pole im Jahr 2017 strahlend. Auf die Allzeit-Bestmarke von Michael Schumacher (68) fehlen ihm damit nur noch zwei, am Sonntag greift er nach seinem 56. GP-Sieg. "Das ist echtes Qualifying, wenn es um alles geht oder nichts", kehrte Hamilton auch verbal den Racer hervor.

Mercedes-Teamchef Toto Wolff atmete nach der zweiten "Doppelpole" des Jahres tief durch. "Gestern sind wir auf keinen grünen Zweig gekommen. Heute hat Lewis unter Druck eine absolute Hammertime hinbekommen", freute sich der Wiener.

Wolff warnte aber auch: "Heuer ist wegen der neuen Autos und der breiteren Reifen immer ein Fragezeichen dabei. Wir werden die hinter uns nicht so leicht abschütteln, es könnte durchaus sogar zu einem Dreikampf kommen", hat der Österreicher Ferrari und Red Bull noch nicht abgeschrieben.

Vettel hofft auf Schadensbegrenzung

WM-Leader Sebastian Vettel musste nach dem Pech von Montreal erneut einen Rückschlag hinnehmen und kam erstmals in diesem Jahr nicht in die Top drei der Startaufstellung. Der nur noch 12 Punkte vor Hamilton liegende Ferrari-Star musste schon im Training wegen eines Hydraulik-Lecks lange pausieren und seinen neuen durch einen alten Motor ersetzen.

Vettel muss damit wohl schon wieder Schadensbegrenzung betreiben, will er nicht am Sonntag (15.00 Uhr MESZ, live ORF 1, RTL und Sky) erstmals in diesem Jahr seine Führung in der Fahrerwertung verlieren. "Unser Auto hat im Rennen sicher mehr Potenzial. Aber das hilft nicht, wenn man weiter hinten steht", sagte der Deutsche seufzend.

Zur mäßigen Stimmung trug bei, dass Gerüchte, wonach Ferraris bisher so starke Performance auf einen leistungssteigernden, aber illegalen "Ölverbrennungs-Trick" zurückzuführen sei, zuletzt immer stärker geworden sind. Die FIA ist bereits eingeschritten.

Stark präsentierten sich im Baku-Qualifying auch beide Force Indias mit dem Vorjahres-Dritten Sergio Perez und Esteban Ocon auf den Plätzen sechs und sieben. Seine beste Qualifikationsplatzierung lieferte Lance Stroll als Achter. Damit schlug der junge Kanadier sogar seinen routinierten Williams-Teamkollegen Felipe Massa.

Die Plätze ganz hinten im Starterfeld waren schon vorher vergeben gewesen. Jolyon Palmer konnte wegen eines lecken Tanks nicht zur Quali antreten, Fernando Alonso und Stoffel Vandoorne kassierten wegen neuerlich ausgetauschter Elemente am Honda-Antriebsstrang zweistellige Rückversetzungen. Carlos Sainz (Toro Rosso) muss wegen des Kanada-Unfalls drei Plätze zurück.