Schon in Austin könnte Lewis Hamilton auch den Triumph in der Fahrerwertung feiern, nachdem er wie im Vorjahr den GP von Russland gewonnen hat. Sergio Perez fuhr mit Rang drei den dritten Podestplatz für Force India überhaupt heraus. Nur Nico Rosberg verließ Sotschi traurig.

Die Szene, die das zweite Formel-1-Rennen in Russland und mit allergrößter Wahrscheinlichkeit auch den Kampf um den WM-Titel entschied, ereignete sich schon in der achten der 53 Runden im Sotschi-Autodrom. Der aus der Pole Position gestartete und zu jenem Zeitpunkt in Führung liegende Rosberg wurde wegen Problemen mit dem Gaspedal zur Aufgabe gezwungen.

"Der Dämpfer des Pedals ging kaputt. Ich musste meinen Fuß anheben, um überhaupt noch vom Gas gehen zu können. Ich konnte am Ende nicht mehr lenken, weil die Knie gegen meine Hände drückten", schilderte der enttäuschte Deutsche das ärgerliche Malheur. "Unglaublich, dass so etwas genau in diesem Moment passieren muss."

So musste Rosberg mitansehen, wie Mercedes-Stallrivale Hamilton seinen Erfolg aus dem Vorjahr wiederholte und mit dem neunten Sieg in der laufenden Saison seine Führung im WM-Klassement auf 66 Punkte auf Sebastian Vettel ausbaute. Der Ferrari-Pilot ist nach Platz zwei am Sonntag auch in der Gesamtwertung Zweiter, Rosberg mit 73 Zählern Rückstand Dritter. Angesichts dieses Polsters müsste schon Außergewöhnliches passieren, damit Hamilton nicht zum dritten Mal nach 2008 und 2014 Weltmeister wird. Wenn der Brite in zwei Wochen in Austin neun Punkte mehr holt als Vettel, ist die Entscheidung auch rechnerisch gefallen.

Dennoch wollte Hamilton die günstigen Perspektiven nicht überbewerten. "Das wusste ich gar nicht. Ich sehe keine einzelnen Rennen, sondern den Rest der Saison als Gesamtes. Auf jeden Fall ist das die beste Zeit meiner Karriere", meinte der 30-Jährige nach seinem 42. Grand-Prix-Erfolg, mit dem er Vettels Siegmarke egalisierte und sein Kindheitsidol Ayrton Senna überflügelte. "Während der letzten Runden schoss es mir durch den Kopf, was für ein Traum das alles ist."

Mit zwei Stunden Verspätung gab es dann im Lager von Mercedes noch einen Grund zu feiern, als die vorzeitige erfolgreiche Titelverteidigung in der Team-WM Gewissheit wurde. Weil Vettels Ferrari-Teamkollege Kimi Räikkönen nach einer Kollision in der Schlussrunde mit seinem finnischen Landsmann Valtteri Bottas von den Stewards nachträglich mit einem Zeitzuschlag von 30 Sekunden belegt wurde und dadurch vom fünften auf den achten Platz zurückfiel, ist den Deutschen mit nunmehr 172 Punkten Vorsprung der zweite Titel in Folge nicht mehr zu nehmen. Selbst wenn die Scuderia auf die gleiche Punkteanzahl kommen sollte, würden die Italiener aufgrund der geringeren Anzahl der Siege den Kürzeren ziehen.

Profiteur des finnischen Zweikampfs kurz vor Ende des Rennens war Perez im Force India, der dadurch den Sprung auf das Podest schaffte. Der indische Rennstall war zuvor lediglich in Spa 2009, als Giancarlo Fisichella Platz zwei herausfuhr, und in Bahrain 2014, wo Perez ebenfalls Dritter wurde, unter den ersten Drei klassiert gewesen. "Es fühlt sich großartig an, wieder mit diesen Jungs hier oben zu stehen. Ich bin gerade in der besten Phase meiner Karriere", strahlte der Mexikaner drei Wochen vor seinem ersten Heim-Grand-Prix in Mexiko-Stadt.

Der Lauf rund um wesentliche Schauplätze der Olympischen Spiele 2014 bot unter dem Strich Spannung, Dramatik und haufenweise packende Szenen. Das honorierte auch Tribünengast Wladimir Putin. Der russische Präsident bestärkte die Organisatoren in ihren Plänen, das Rennen über 2020 hinaus im Olympia-Park zu halten. Zudem vereinbarte Putin mit Formel-1-Boss Bernie Ecclestone, dass der Grand Prix bald ein Flutlichtrennen sein wird.

Weiter keine Lösung zeichnet sich derweil im Motoren-Dilemma der beiden Red-Bull-Teams ab. Weder Mercedes noch Honda oder Ferrari wollen den Rennställen des Getränkekonzerns im kommenden Jahr Triebwerke liefern. Nun müssen Red Bull und Toro Rosso wohl darauf hoffen, dass die eigentlich schon zerbrochene Partnerschaft mit Renault noch zu kitten ist. Bis Ende Oktober soll eine Entscheidung fallen. Die Zeit wird knapp.

So wird Hamilton schon in Austin Weltmeister

Lewis Hamilton kann seine Titelverteidigung in der Formel 1 schon beim nächsten Rennen in Austin perfekt machen. Es wäre der Triumph im viertletzten Grand Prix der Saison. Danach stehen noch die WM-Läufe in Mexiko, Brasilien und Abu Dhabi an.

Nach seinem Sieg in Russland hat Mercedes-Pilot und Zweifach-Champion Hamilton 302 Punkte und damit 66 Punkte mehr als der neue Zweitplatzierte, Sebastian Vettel von Ferrari (236). Hamiltons Teamkollege Nico Rosberg hat nach seinem Ausfall in Sotschi 73 Punkte Rückstand. Nach dem nächsten Rennen braucht Hamilton 75 Punkte mehr als sein erster Verfolger. Folgende Konstellationen würden Hamilton zum Titelgewinn reichen:

Hamilton wird Weltmeister in Austin,

... wenn er gewinnt und Vettel höchstens Dritter wird.

... wenn er Zweiter wird, Vettel höchstens Sechster und Rosberg höchstens Dritter.

... wenn er Dritter wird, Vettel höchstens Siebenter und Rosberg höchstens Vierter.

... wenn er Vierter wird, Vettel höchstens Neunter und Rosberg höchstens Fünfter.

... wenn er Fünfter wird, Vettel höchstens Zehnter und Rosberg höchstens Sechster.