In der Formel 1 stöhnt die Konkurrenz schon nach dem ersten Rennen über die anhaltende Überlegenheit von Mercedes. Für Sebastian Vettel, der in Australien gleich im ersten Rennen mit Ferrari auf Platz drei kam, ist der Vorsprung der deutschen Silberpfeile sogar noch größer geworden. Das, sowie nur elf Autos im Ziel, haben der Königsklasse einen kontroversiellen Start ins Jahr 2015 beschert.

Dass der sonnige aber kühle Spätsommer-Nachmittag im Albert Park von Melbourne zwiespältige Erinnerungen hinterließ, hatte aber mehrere Gründe. Nur 15 statt 20 Autos schafften es überhaupt auf die Startaufstellung, dort blieben auch noch die beiden Lotus rasch liegen. Von diesen 13 Autos kamen elf ins Ziel, so wenige wie schon lange nicht mehr.

Punktloser Letzter wurde der zweifach überrundete Ex-Weltmeister und Ex-Melbourne-Sieger Jenson Button (GBR) im McLaren mit dem neuen Honda-Antrieb. Die Siegerinterviews durch Arnold Schwarzenegger rundeten einen schrillen Nachmittag ab.

"Haben über den Winter noch ausgebaut"

Mercedes hingegen machte im Rennen wieder einmal, was es wollte. Vettel sprach die drückende Überlegenheit des Weltmeisterteams, das 2014 gleich 16 von 19 Rennen gewonnen hat, direkt an. "Sie hatten im Vorjahr schon einen großen Vorsprung und haben den über den Winter auch noch ausgebaut", war der Deutsche angesichts seiner 34 Sekunden Rückstand auf Sieger Lewis Hamilton überzeugt.

Das eigene Team lobte er noch auf dem Podium sogar auf italienisch, schon bei der Pressekonferenz stichelte Vettel aber so lange gegen die Silberpfeile, bis ihn der zweitplatzierte Nico Rosberg spontan für das kommende Rennen in Malaysia in die Box einlud. Vettel nahm sofort an. Mercedes-Motorsportchef Toto Wolff winkte ebenso wie Niki Lauda aber gleich ab. "Sorry, da muss ich Nico überstimmen", lachte Wolff.

Es geht Sorge um, die 65. Formel-1-Weltmeisterschaft könnte angesichts der anhaltenden Mercedes-Dominanz zu einer komplett einseitigen, unspannenden Veranstaltung werden. Es wäre das letzte, das die ohnehin über Zuschauer-Rückgang leidende Königsklasse braucht. Vettel versprach aber, alles zu tun, um den Rückstand zu verkleinern. "Es wird schwierig, ist aber nicht unmöglich."

Wer den erfolgreichen Champion fordern kann, ist freilich fraglich. Am ehesten noch Ferrari. Beim ebenfalls mit Mercedes-Motoren fahrenden Williams-Team tröstete Felipe Massa als Vierter über das w.o. von Valtteri Bottas hinweg. Bei Sauber gab es nach dem katastrophalen Vorjahr angesichts der gleich 14 Punkte für die Plätze fünf für Neuling Felipe Nasr und acht für Marcus Ericsson strahlende Gesichter. Frontrunner sind aber auch die Schweizer deshalb keine.

Technik-Probleme bei Red Bull

Und Red Bull Racing, das einzige Team, das im Vorjahr Mercedes wenigstens drei Siege wegschnappen konnte, ist wegen der anhaltenden Technik-Probleme vorerst ein Schatten seiner selbst. Daniel Ricciardo wurde Sechster, Carlos Sainz im Toro Rosso Neunter.

Vettel-Nachfolger Daniil Kwjat blieb im zweiten RB11 mit kaputtem Getriebe schon am Vorstart liegen und das historische Debüt von Max Verstappen, seit Sonntag mit 17 Jahren nun offiziell der jüngste Grand-Prix-Starter aller Zeiten, endete mit einem Motorschaden.

Red Bulls Motorsport-Berater Helmut Marko hatte angesichts der Motorenprobleme schon vor dem Rennen Schlimmstes befürchtet. "Es ist eine Farce, wenn ein Fahrer die meiste Zeit in der Box steht und nicht fahren kann", litt Marko nach dem Rennen vor allem mit seinem Einser-Piloten Ricciardo. Er war in drei Trainings auf nur 19 Runden gekommen.

"Wir kommen nicht zum Fahren"

"Wie sollen wir das Auto entwickeln, wenn wir nicht zum Fahren kommen?", sieht Marko keine rasche Verbesserung möglich. Kommenden Mittwoch kommt es im England zum Krisengipfel. "So kann das nicht weitergehen", machte Marko klar dass Red Bull nicht gewillt ist, nach vier Weltmeistertiteln in Folge eine noch größere Statistenrolle zu spielen als im Vorjahr.

Marko sieht freilich in just jener neuen Motorengeneration, die Mercedes seit dem Vorjahr zum klar überlegenen Team gemacht hat, eine der Wurzeln des Übels. Denn der eigene Motorenlieferant Renault bekommt die V6-Turbo-Hybridantriebe offensichtlich nicht in den Griff, vor allem die Software spinnt vor sich hin.

"Diese Power-Unit ist für die Formel 1 die falsche", wiederholte Marko am Sonntag seine Kritik an den seiner Meinung nach zu komplizierten und teuren Triebwerken. Dies gelte auch, wenn Renault vorne wäre, betonte der Österreicher, der insgesamt eine drastische Kostensenkung verlangt.

Am meisten stört ihn aber die Motorenregel. "Ein Adrian Newey ist durch die Motorenregeln kastriert. Das aktuelle Reglement der Formel 1 killt den Sport", kritisierte Marko.

Zu den wenigen positiven Dingen des Tages zählten für den Grazer die beiden jungen WM-Debütanten Sainz und Verstappen. Marko: "Die Jungen bei Toro Rosso haben keine Fehler gemacht und sind toll gefahren."