"This is your moment!" hat Sebastian Vettel in sein in den Sturzhelm eingebautes Funkmikrofon gequietscht, unmittelbar nachdem er auf dem Hungaroring mit einer fabelhaften Schlussrunde im Qualifikationstraining seine vierte Poleposition hintereinander fixiert hatte. Vettel hat seine Mechaniker und Ingenieure gemeint. Und er hat sich für ein "vom ersten Training an perfektes Auto" bedankt. Er macht damit nichts anderes, wie schon Generationen erfolgreicher Formel-1-Fahrer vor ihm auch. Sie alle bedankten sich vom Tankwart bis zur Schwiegermutter.

Sebastian Vettel wird seit Tagen mit allen möglichen und unmöglichen Fragen gelöchert. Ob er sich denn mit der Fach- oder mit der Boulevardpresse leichter tue? Ob statt McLaren nun Ferrari der härteste Konkurrent sei? Und ob nicht er, Vettel, selbst einmal für Ferrari fahren möchte?

Alles Nebensache. Denn gerade von Sebastian Vettel, seit Monaten mit Teamkollegen Mark Webber Rad an Rad und bisweilen noch näher, möchte man schließlich ganz genau wissen, was er zum Stallorder-Skandal von Ferrari & Hockenheim zu sagen habe?

Halten Sie die Stallorder für einen intelligenten Weg?
SEBASTIAN VETTEL: Die Frage stellt sich in dieser Form wohl nicht. Wir haben sehr klare Regeln. Wir machen diese Spielregeln nicht, sie liegen nicht in unserem Verantwortungsbereich. Die Teams und die Fahrer sind für den Sport hier. Ich bin hier, um zu gewinnen. Da halte ich das Wort "Order" für nicht passend.

Wie würden Sie es dann nennen, was Ferrari letzten Sonntag gemacht hat?
VETTEL (hebt die Schultern und verzieht fragend das Gesicht): Ich weiß es nicht. Aber auf der einen Seite sollen wir guten Sport und spannende Rennen bieten. Auf der anderen Seite sollen wir ausschließlich für das Team da sein und in jeder Situation an das Team denken.

Das heißt, Sie persönlich hätten mit Stallorder gar kein wirkliches Problem?
VETTEL: Was in Hockenheim passiert ist, war nicht gut. Nicht für uns Fahrer, nicht für unseren Sport. Aber es ist nicht zum ersten Mal passiert.

Wie würden Sie reagieren, wenn Sie am Funk ähnliche Worte hören würden?
VETTEL: Das hängt von der Situation ab. Hängt davon ab, ob das auch stimmt, was man mir am Funk sagt. Ich habe im Auto doch selbst am allerbesten das Gefühl, wie schnell ich bin.

Wären Sie mit so einem Sieg glücklich? Wenn Sie gewinnen, weil Ihr Teamkollege zurückgepfiffen wird?
VETTEL: Definitiv nein! Aber wie gesagt, im Auto weißt du sehr genau, was passiert. Das weißt du als Fahrer besser als jeder Rennkommissar, als alle Daten von Computern, alle Kurven und Linien zusammen.

Und wenn es für Sie um den WM-Titel gehen würde?
VETTEL (überlegt): Auch das hängt von der Situation ab. Wenn ein Team vom ersten Rennen an einen seiner beiden Fahrer bevorzugen würde, muss es mit Kritik rechnen. Wenn es um das letzte Rennen geht, wenn der Teamkollege mathematisch keine Chance mehr hat, dann wäre eine Teamorder nicht abnormal.

Dürfen wir zusammenfassen: Ein Machtwort von Red Bull zu Ihren Gunsten oder auch zu jenen von Mark Webber würden Sie in der jetzigen Situation demnach nicht erwarten?
VETTEL: Wie wir in den vergangenen Rennen gesehen haben, gibt es hier verschiedene Denkweisen und verschiedenste Ansichten. (steht auf und brummt noch in sich hinein) Wenn du nicht überholst, bekommst du eine auf die Nuss. Und wenn du am Teamkollegen vorbei gewunken wirst, bekommst du auch eine auf die Nuss. Wie man es macht, ist es offenbar falsch.