Haben Sie den Konflikt zwischen Ihren beiden Piloten inzwischen zur Chefsache erklärt? Oder mischen Sie sich da nicht ein?

DIETRICH MATESCHITZ: Natürlich mische ich mich ein. Das geht gar nicht anders. Aber das Alles wird viel mehr dramatisiert, als wirklich dahinter steckt.

Dass wieder alles Eitel-Wonne ist, will Red Bull aber niemand mehr so richtig abnehmen.

MATESCHITZ: Noch einmal: Wir habe keine Nummer eins und keine Nummer zwei. Beide Piloten bekommen Autos auf dem völlig gleichen Stand. Das Problem mit dem neuen Flügel in Silverstone war die erste Ausnahme.

Hat man wirklich nur seiner WM-Platzierung wegen für Vettel entschieden?

MATESCHITZ: Der Unterschied zwischen altem und neuem Flügel war marginal, zeitlich fast nicht messbar, im Bereich von ein paar Tausendstel. Und Christian Horner (Teamchef, Anm.) hat eben gemeint, dass der neue Flügel dem Fahrverhalten von Vettel eher entgegenkommt.

Sind Sie in solche Entscheidungen unmittelbar eingebunden?

MATESCHITZ: Normalerweise ja, wir telefonieren ständig. Im konkreten Fall war ich nicht eingebunden. Die Sache wurde leider falsch kommuniziert, teamintern wie medial.

Der Ärger von Mark Webber ist aber nachvollziehbar?

MATESCHITZ: Natürlich war die Situation für Mark nicht angenehm, er ist dazu gekommen wie die Jungfrau zum Kind. Aber wie gesagt, hier ist eine Bagatelle zum großen Problem gemacht worden. (lacht) Wir haben zwei Piloten, die um die WM fahren. Eigentlich ein Luxusproblem, das viele Teams gerne hätten.

Und wer wird am Ende die Nase vorne haben?

MATESCHITZ: Wenn Sie mich heute fragen, wer Weltmeister wird, sage ich, einer unserer beiden Piloten. Aber die Box darf sich nicht einmischen, denn damit fangen die Probleme erst an.

Warum wehren Sie sich so hartnäckig, sich auf eine Nummer eins festzulegen?

MATESCHITZ: Weil diese Philosophie nicht meinem Verständnis von Rennsport entspricht. Es gibt keinen programmierbaren Weltmeister. Unsere beiden Piloten wissen, dass Sie a) den anderen schlagen müssen und b) sich dennoch gegenseitig brauchen, um der Konkurrenz möglichst viele Punkte wegzunehmen.

Gibt es die dem Team nachgesagten beiden Fraktionen, pro Vettel und pro Webber?

MATESCHITZ: Nein, Fraktionen gibt es keine. Dass jeder der beiden Mannschaften ihr Pilot am Herzen liegt, ist aber klar. Sie schrauben für ihn, sie freuen sich mit ihm, sie leiden mit ihm.

Euer Krisenmanagement war so, wie es sein sollte?

MATESCHITZ: Es war nicht diplomatisch, vielleicht war es nicht einmal richtig. Aber nehmen wir den Unfall in Istanbul her. Wenn du den Sebastian (Vettel, Anm.) fragst, war er nicht schuld. Und wenn du den Mark (Webber, Anm.) fragst, war er auch nicht schuld.

Das Auftreten von Webber nach seinem Sieg in Silverstone, das dulden Sie so einfach?

MATESCHITZ: Es war überflüssig. Aber auf der anderen Seite hat Mark nichts verbrochen.

Einen Maulkorb haben Sie Ihren Piloten nicht verpasst?

MATESCHITZ: So etwas wäre nicht unser Stil. Jeder kann die Wahrheit sagen, das ist eine der obersten Tugenden von Red Bull.

Noch einmal, Ihnen wäre sowohl Vettel, als auch Webber als Weltmeister gleich lieb?

MATESCHITZ: Ja, ich habe da keine Präferenzen, jeder der beiden wäre mir gleich lieb.

Dass die beiden, wenn sie so weiter machen, euren Erfolg kaputt fahren könnten, das schließen Sie aus?

MATESCHITZ: Ich halte es für mehr als unwahrscheinlich, aber ich schließe es nicht aus. Und wenn es passieren sollte, mein Gott, wir reden hier von Rennsport. Das Image von Blut, Schweiß und Tränen kommt doch nicht von ungefähr.