Von der "Berliner Zeitung" wurde zum Formel-1-Auftakt die Rubrik "Schumis Eck" kreiert. Unter dem Titel "Sonntagsfrage" wurde eine nicht ganz ernst gemeinte Hochrechnung erstellt. Der zufolge würden nur 25 Prozent der Deutschen Michael Schumacher einen achten WM-Titel zutrauen. Aber es würden "36 Prozent der Formel-1-Fans, 92 Prozent der RTL-Praktikanten und 100 Prozent der Niki Laudas" für Schumi votieren.

Mit dem ersten Training auf dem Wüstenkurs von Sakhir endeten dreieinhalb Jahre oder umgerechnet 1237 Tage Michael-Schumacher-lose-Zeit. Und bereits die wochenlange "Endlosschleife von Halleluja-Gesängen" (Frankfurter Rundschau) ließ erahnen, worum sich die heurige Formel 1 drehen werde.

"Comeback des Jahrtausends"

Die beiden deutschen TV-Stationen RTL und n.tv sendeten gestern den ganzen Tag live aus Bahrain vom "Comeback des Jahrtausends", wie Schumachers Rückkehr bereits genannt wurde. Die Amtssprache im 500 Schreibplätze zählenden Pressezentrum hat wieder deutschen Einschlag. Und die "Bild-Zeitung" hat einen ihrer drei Reporter gar im noblen und sündteuren "Ritz Carlton" einquartiert, wo Familie Schumacher eine der hoteleigenen Villen am Meer bewohnt. Als Michael Schumacher im Oktober 2006 in Brasilien seine damals vermeintlich letzten Runden drehte, sahen 13,5 Millionen die Live-Übertragung auf RTL. Für den morgigen Grand Prix rechnet RTL mit ähnlichen Werten. Nachdem die Quoten trotz Sebastian Vettel, in dem Deutschland gerne einen Schumacher-Klon sieht, bereits auf fünf Millionen Zuseher gefallen waren.

Ein Ticket-Boom

Selbst für Bahrain, nicht gerade der nächste Weg, hat das Schumacher-Comeback den Ticketverkauf angekurbelt. Für die Europa-Rennen verbucht Christoph Ammann von der steirischen Agentur "Grand Prix Tickets" bereits jetzt ein Plus von 20 bis 30, für Hockenheim bis zu 50 Prozent. Für die Formel 1 ist Michael Schumacher zum besten aller möglichen Zeitpunkte zurückgekehrt. Der nicht ganz freiwillig abgetretene Präsident des Automobil-Weltverbandes FIA, Max Mosley, hat die Königsklasse ziemlich havariert hinterlassen. Eine bereits beschlossen gewesene Piratenserie, unrealistische Zwangssparpakete und technische Fehlentwicklungen wie das Hybrid-System "Kers", hatten der Formel 1 schweren Schaden zugefügt. Der "Schumi-Effekt" werde die Wertschöpfung über die gesamte Saison um 20 Prozent steigern, hat Marcel Cordes vom Kölner Institut "Sport & Markt" errechnet.

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Michael Schumacher hat seinen Formel-1-Wagen vor dreieinhalb Jahren nicht freiwillig in die Garage gestellt. Er hatte gegen Fernando Alonso zwei Weltmeisterschaften verloren und Ferrari hatte bereits Kimi Räikkönen engagiert. Schumacher blieb nichts anderes übrig, als sich, von 15 Formel-1-Jahren müde und ausgelaugt, dem bis dato stärksten Teamkollegen zu stellen. Oder aufzuhören. Zur Ruhe kam Schumacher auch im Frühruhestand nicht. Zum Segen für die Formel 1 hat er seine im wahrsten Sinn des Wortes beinahe halsbrecherischen Abstecher in den Motorradsport überlebt. Sein bereits für den letzten August großspurig angekündigt gewesenes Comeback als Ersatzmann für den schwer verunglückten Ferrari-Piloten Felipe Massa musste Schumacher wegen der Folgen angebrochener Nackenwirbel und Schädelverletzungen nach einem Motorradsturz noch platzen lassen. Inzwischen vermutet man dahinter eine gefinkelte PR-Strategie.

Ein Nationalteam

Schumacher soll bereits damals mit Mercedes an einem deutschen Formel-1-Nationalteam gebastelt haben. Die endgültige Trennung von Ferrari wurde als sentimentales Schauspiel vollzogen, als sich Schumacher und Mercedes längst einig und der von Honda hinterlassene Brawn-Rennstall von Mercedes längst geschluckt waren. Die Einwände des Daimler-Betriebsrates, in Krisenzeiten Unsummen in die Formel 1 und sieben Millionen Euro in einen Michael Schumacher zu pulvern, prallten an Mercedes-Rennchef Norbert Haug ab. Die Formel 1 würde lediglich 1,4 Prozent der gesamten Entwicklungskosten des Konzerns ausmachen, rechtfertigte Vorstandschef Dieter Zetsche.

Als Schumacher dann Ende Jänner in Stuttgart der Weltpresse offiziell präsentiert wurde, preschte ein englischer Journalist mit der Frage vor, ob er denn auch deshalb zurückkehre, um sein Image als "Schummel-Schumi" und erfolgsbesessener Formel-1-Rüpel etwas zu korrigieren. Zuerst betretenes Schweigen. Dann schnappte "Schumi" zynisch zurück, dass man 91 Rennen wohl nicht nur mit fiesen Tricks gewinnen könne. Es hat sich auch in den letzten 1238 Tagen nichts geändert. Michael Schumacher kann man mögen oder auch nicht. Doch für ein Dazwischen ist kein Platz, wie das "Sportmagazin" in seiner jüngsten Ausgabe feststellte.