Genau das ist ja das Besondere, dass Sebastian heuer einen Riesenvorsprung hat, es aber andererseits gar nicht so war, dass er und Red Bull immer weit überlegen waren," sagt zum Beispiel Jenson Button. "Sebastian hat eben durch seine eigene Stärke Rennen gewonnen, die vielleicht kein anderer gewonnen hätte." McLaren, Ferrari waren dabei immer wieder annähernd ebenbürtig - deshalb waren es oft so packende Rennen.

Auch TV-Experte Christian Danner, früher selbst Formel-1-Pilot, hat keine Bedenken, dass bei einem vorzeitigen Titelgewinn von Vettel plötzlich die Zuschauer wegbleiben: "Wir kennen das ja aus der Vergangenheit mit Michael Schumacher, der schon mal im Juli Weltmeister war. Ehrlich gesagt, bedeutet das gar nichts. Dass es früher geschieht, ist ja schon länger abzusehen. Man schaut sich einen siegenden Vettel auch noch gerne an, wenn er den Titel schon gewonnen hat."

Neue Technik

Zur trotz allem packendsten Saison seit Jahren beigetragen hat natürlich auch die neue Technik. Bewegliche Heckflügel, Energie-Rückgewinnung KERS und vor allem die Pirelli-Reifen mit ihrem gewollt höheren Verschleiß sorgten für viel mehr Überholmanöver und damit für viel mehr Action. Auch die Fahrer selbst hatte da so ihren ganz besonderen Spaß. "Ich vielleicht besonders, weil ich ein paar Mal von weiter hinten losgefahren bin und mich dann durchkämpfen musste", lacht Button.

Fernando Alonso ist sich auch sicher: "Langweilig wird es auf keinen Fall, weder für die Fans noch für uns Fahrer." Für ihn selbst gelte jetzt vergleichsweise das Motto: "Gut, die Tour de France kann ich nicht mehr gewinnen, dann will ich aber wenigstens noch einzelne Etappensiege holen." Will heißen: Noch so viele Rennen wie irgend möglich gewinnen - und möglichst auch den Vize-Weltmeister-Titel holen. "Zweiter in der Weltmeisterschaft klingt doch wesentlich besser als Fünfter . . ."

Voller Kalender

Vettel selbst wird es bei einer erfolgreichen Titelverteidigung mit Sicherheit am allerwenigsten langweilig. Er hätte weiter ein volles Programm - ohne große Zeit zum Feiern, von einer Siegerparty Sonntag Nacht einmal abgesehen. Das bestätigt auch Red Bull-Teamkoordinator Helmut Marko. "Er ist am Mittwoch im Simulator in England und hat auch hier noch eine Sponsor-Verpflichtung. An seinem Zeitplan ändert sich gar nichts."

Schließlich ginge es Vettel nicht um den Titel, sondern darum in jedem Rennen Siege einzufahren. "Er will jedes Rennen gewinnen, deshalb geht er auch einen Tag in den Simulator, was kein Spaß ist, sondern sehr anstrengend. Das würde er nicht machen, wenn er nur an die WM denken würde", so Marko.

Auf eine Feier am Sonntag in der Nacht und das entsprechende Drumherum sei Red Bull aber durchaus eingestellt. "Ich nehme schon an, dass unsere Marketing-Leute etwas vorbereitet haben. Wenn es klappt und sie nichts haben, dann kriegen sie eins auf die Mütze", meint Marko scherzhaft, "aber generell sollte es nicht schwierig sein, eine Party am Sonntag in Singapur zu veranstalten." Ob bei der dann auch Mark Webber wieder bessere Laune bekommen würde? Der Australier scheint so ziemlich der einzige, der mit den großen Erfolgen seines Teamkollegen ein gewisses Problem hat. Am Donnerstag auf eine kritische Frage einen französischen Journalisten als "verdammten Wichser" bezeichnend, am Freitag dann im freien Training eine unnötige Kollision mit Timo Glock, dann mal wieder die kompletten deutschsprachigen TV-Sender ignoriert - Souveränität sieht anders aus.