F angen wir einmal mit einer Art Gegenfrage an. Was könnte noch passieren, dass Red Bull heuer nicht Weltmeister wird?

NIKI LAUDA: Weltmeister bist du, wenn du die nötigen Punkte dafür hast. Von Theorie halte ich nichts. Der Vettel braucht sich nur den kleinen Finger zu brechen (lacht). Die momentane Überlegenheit ist jedenfalls noch keine Garantie.

Könnten die Regeländerungen die WM auf den Kopf stellen?

LAUDA: Mir hat Charlie Whiting (Renndirektor, Anm.) erklärt, er müsse eingreifen, wenn es zu nicht vorhersehbaren Entwicklungen kommt. Aber warum, bitteschön, muss man das mitten in der Saison machen ...?

Also doch so etwas wie eine "Lex Red Bull", um deren Übermacht zu beenden?

LAUDA: Ich will jetzt niemandem etwas unterstellen. Aber für die Formel 1 ist das nicht gut. Wenn man alleine bedenkt, was hier an Hirnschmalz, an Technik und Geld vernichtet wird. Es riecht jedenfalls nach Willkür, um die WM zu stören.

Eine bisher tolle Weltmeisterschaft. Oder sind die Rennen zu unübersichtlich geworden?

LAUDA: Trotz schlechter Fernsehübertragungen und trotz 34.000 Boxenstopps gefällt es den Menschen. Also muss man sagen, ja, es funktioniert. Aber man kann es immer noch besser machen.

Wie zum Beispiel?

LAUDA: Indem man im Fernsehen jene Autos sieht, die um den Sieg fahren. Und mit mehr Transparenz, was die Strategie der einzelnen Teams betrifft.

Was sagen Sie heute zu Michael Schumacher? Sie haben ihn zuletzt hart kritisiert.

LAUDA: Ja, aber ich habe meine Meinung um 110 Prozent geändert und vor ihm auch meine Kappe gezogen. Was er in Montreal aufgeführt hat, dass war der Schumacher wie zu seinen allerbesten Zeiten.

Was man von Ferrari nicht behaupten kann?

LAUDA: Es ist fast jedes Jahr das gleiche Spiel bei den Italienern. Sie fangen mit einem schlechten Auto an. Und wenn das Land untergeht, machen sie wahnsinnige Ressourcen frei und holen auf. In dieser Phase befindet sich Ferrari derzeit gerade.

Zu etwas ganz anderem: Das Theater um den Grand Prix in Bahrain, war das für Sie nachvollziehbar?

LAUDA: Dass man im März dort nicht gefahren ist, war nachvollziehbar. Aber dann hätte man warten und wenn alles ruhig ist, das Rennen 2012 wieder in den Kalender nehmen sollen.

Und Indien? Was soll ein Formel-1-Rennen inmitten derart bitterer Armut?

LAUDA: Aber vielleicht hilft die Formel 1, dass es den Leuten in solchen Ländern irgendwann besser geht. Wenn man das hinterfragt, dann bei denjenigen, die es veranstalten. Die müssen wissen, ob das Geld nicht anderswo besser eingesetzt wäre.

Wird es in Österreich je wieder einen Grand Prix geben?

LAUDA: Die Voraussetzungen sind wieder geschaffen, jetzt liegt es alleine an Herrn Mateschitz (Red-Bull-Chef, Anm.). Wenn er das möchte, wird es auf dem Ring wieder ein Formel-1-Rennen geben. Es wäre ja viel einfacher in Spielberg zu fahren, als in Südkorea oder in Delhi.

Letzte Frage: Gibt es von Ihrem Hollywood-Projekt schon irgend etwas Neues?

LAUDA: Den Vertrag für den Film hab' ich unterschrieben. Er soll das Jahr 1976 nachzeichnen. Den Feuerunfall, den Hippie James Hunt gegen den Technokraten Niki Lauda. Jetzt fehlen nur noch ein Regisseur (lacht verschmitzt) und ein junger Schauspieler, der mit zwei Ohren beginnt und mit einem Ohr aufhört.