Fast zärtlich streichelte er seiner "Kinky Kylie", wie der Weltmeister sein neues Auto getauft hat, über die Nase, ehe er auf das Siegerpodest stieg. Und auch wenn auf dem von ihm so lange erträumten Pokal ausgerechnet diesmal doch kein Känguru prangte, Sebastian Vettel konnte es nach dem elften Grand-Prix-Sieg seiner Karriere verkraften. Geradezu deklassiert hat er die komplette Konkurrenz an diesem Wochenende, einschließlich seines Teamkollegen Mark Webber - und die endgültige Bestätigung dafür bekommen, dass er darauf bauen kann, in diesem Jahr wieder das mit Abstand beste Auto zu haben.

Entsprechend artig bedankte sich Vettel unmittelbar nach der Zieldurchfahrt auch über den Bordfunk: "Danke. Sehr cool. Exzellent. Wir haben heute viel gelernt. Behaltet das im Kopf." Auch ein bisschen später, auf dem Weg zwischen offizieller Pressekonferenz, TV-Interviews und großem Siegerfoto mit dem gesamten Team kam er aus dem Strahlen gar nicht mehr heraus: "Es hätte nicht besser laufen können. Es hat alles geklappt, von vorne bis hinten. Es ist mein erster Australien-Sieg, allein schon dadurch ist das wieder etwas ganz Besonderes."

Nach den Testfahrten hatte sich ja schon abgezeichnet, dass Red Bull ganz, ganz weit vorne liegen würde. Hatte Vettel also insgeheim einen derartigen Start ins neue Jahr erwartet? "Man wünscht sich so etwas, aber erwarten ist relativ. Ich denke, man muss die Dinge immer Schritt für Schritt angehen." Was viele interessierte: Was es denn gewesen sei, was er an diesem Tag so Wichtiges dazu gelernt hätte? Genau wollte er diese Frage nicht beantworten: "Ich habe sehr viel gelernt, nicht nur eine spezifische Sache, sondern mehrere. Ich muss jetzt alle meine Gedanken sammeln und mit dem Team durchsprechen."

Der erste Russe

Am nächsten kam Vettel noch Lewis Hamilton im McLaren-Mercedes - eine ziemliche Überraschung, denn die McLaren hatte bei den Testfahrten enttäuscht. Doch der gewagte Entschluss, das gesamte Konzept in letzter Sekunde noch einmal zu ändern und vor allem die offenbar geniale Auspufflösung von Red Bull zu kopieren, die besonders viel Abtrieb bringt, zahlte sich aus. Auf Platz drei ebenfalls eine Überraschung: Witali Petrow im Renault fuhr ein fehlerfreies Rennen, stieg als erster Russe auf ein Formel-1-Podium.

Unter Druck setzten konnte Vettel jedoch niemand - Red Bull konnte es sich sogar leisten, auf den Einsatz des Energierückgewinnungssystems Kers und seine kurzfristen 82 Zusatz-PS zu verzichten. "Wir haben analysiert, dass wir es nicht wirklich brauchen - und dann haben wir uns entschlossen, es hier nicht zu benutzen", meinte Red-Bull-Koordinator Helmut Marko, der sich in Lobeshymnen auf seinen Champion geradezu überschlug: "Sebastian war perfekt, er hat alles richtig gemacht."

Bitter enttäuscht

Dass Teamkollege Mark Webber ausgerechnet beim Heim-Grand-Prix eine Riesenenttäuschunfg erlebte, nicht annähernd an Vettel herankam, wollte Teamchef Christan Horner noch nicht als die neue Normalität gewertet wissen: "Wir gehen im Moment davon aus, dass es da ein Problem am Auto gab. Mark hat auch über einen extrem hohen Reifenverschleiss geklagt." Ob Webber gegen den derzeit unglaublich souveränen, lockeren und selbstsicheren Vettel aber eine echte Chance gehabt hätte - diesmal wohl eher nicht.