Der erste Trainingstag der neuen Formel-1-Saison im Albert Park in Melbourne brachte vor allem eine Erkenntnis: Die, dass es wahrscheinlich mehr als nur einen Blick auf die reine Zeitenliste braucht, um aus den Ergebnissen erste Schlüsse ziehen zu können. Denn auch wenn die beiden McLaren-Piloten Jenson Button und Lewis Hamilton etwas überraschend die schnellsten Zeiten hin legten - RTL-Experte Christian Danner zum Beispiel war überzeugt: "Die sind zwar mit ihrem komplett umgebauten Auto besser, als sie zuletzt beim Testen waren - aber ganz vorne wohl nicht. Ich bin überzeugt, dass die mit weniger Sprit unterwegs waren als etwa Red Bull oder Ferrari."

So ist weiterhin für die Experten in den Boxen klar: Red Bull und vor allem Sebastian Vettel sind ganz vorne zu finden. Er scheint beste Voraussetzungen für die Titelverteidigung zu haben. Was diese Theorie stützt: Bei einer "Ausfahrt" von Vettel am Freitag mit über 22 Runden am Stück war er deutlich schneller, besser und gleichmäßiger als ähnliche Versuche aller Konkurrenten, einschließlich seines Teamkollegen Webber. Und dann scheint Vettel auch im Team die Nummer eins zu sein, auch wenn die offizielle Sprachregelung bei Red Bull nicht so deutlich sein kann. Der amtierende Weltmeister stapelt freilich noch ein bisschen tief: "Der Kampf um die Pole-Positions und Siege wird sicher sehr spannend - wir haben schon einige Konkurrenz."

Der Vorsprung von Red Bull könnte auch etwas geschmolzen sein. "Wir werden nicht ganz so deutlich vorne sein, wie im Vorjahr. Insgesamt haben wir unsere Form von den Tests aber bestätigt", gab sich Red-Bull-Motorsportdirektor Helmut Marko vorsichtig optimistisch.

Kleine und große Probleme

Mit den technischen Neuerungen kamen alle ganz gut zurecht. Es gab kleine Ausritte durch das Energierückgewinnungssystem KERS beim Anbremsen, der verstellbare Heckflügel wurde im Grunde nur im Rennmodus eingesetzt, also an nur einer Stelle und direkt hinter einem Konkurrenten.

Was auf jeden Fall für allgemeine Beruhigung gesorgt hat ist, dass das im Vorfeld befürchtete Drama wegen des relativ schnell abbauenden Pirelli-Reifen scheint zumindest hier in Melbourne erst einmal ausbleiben könnte. Weil der Asphalt im Albert Park eher reifenschonend ist.

Das spanische HRT-Team hingegen konnte wegen gravierender technischer Probleme praktisch nicht am Training teilnehmen. Tonio Liuzzi fuhr nach stundenlanger Schrauberei erst zweieinhalb Minuten vor Schluss aus der Box, um wenigstens eine Strafe zu verhindern.