Sie haben oft gesagt, es werde eine Zeit dauern, bis Sie alles realisieren. Wie ist denn nun das Leben als Weltmeister?

SEBASTIAN VETTEL: Es ist kein viel anderes als zuvor. Natürlich ist es immer noch ein sehr gutes Gefühl. Man denkt dauernd daran, es geht einem nicht aus dem Kopf. Gott sei Dank ist das so. Aber jetzt sind zehn Wochen vergangen, wir sitzen wieder hier. Letztes Jahr war letztes Jahr, es geht bei null wieder los.

Um wie vieles stressiger ist Ihr Alltag geworden?

VETTEL: Alles eine Frage der Organisation. Es gibt Dinge, die gehören eben dazu. Es kommt aber auch der Punkt, wo man sagt, hier geht's nicht weiter. Das musst du für dich entscheiden.

Für "hier geht's nicht weiter" hat aber sicher nicht jeder Verständnis, oder?

VETTEL: Ja und nein. Jedem recht machen kannst du es ohnehin nicht. Und ich muss auch auf mich selbst schauen. Absolute Priorität hat immer das Auto und alles, was dazugehört.

Gibt es so etwas wie einen Tagesablauf, an den Sie sich versuchen zu halten?

VETTEL: Nicht direkt. Natürlich lernt man ein gewisses Schema. Aber ich bin ja nicht erst seit gestern dabei. Wichtig ist, dass man dazwischen immer wieder zur Ruhe kommt, sonst leidet das Ergebnis darunter. Den ganzen Tag zu trainieren bringt genauso nichts, wie wenn du den ganzen Tag Ergebnisse analysierst. Es sind Bausteinen, aus denen sich ein Tag zusammensetzt.

Wie ist das in der Schweiz, wo Sie zu Hause sind? Können Sie da zum Beispiel ganz normal in ein Restaurant gehen?

VETTEL (lacht): Das hängt davon ab, wie groß es ist und wie viele Leute gerade dort sind. Ich werde natürlich erkannt. Aber ansonsten gibt es da keinen allzu großen Unterschied. Ich gehe hin, esse und bezahle, wie jeder andere auch. Wenn man so viel unterwegs ist, wie ich, ist man allerdings ohnehin am liebsten zu Hause. Ich kapsle mich deshalb aber nicht ab.

Sie werden nach wie vor immer wieder mit Michael Schumacher verglichen. Wie sehr nervt das inzwischen?

VETTEL: Jeder Vergleich mit Michael ist sehr schwierig. Man muss sich ja nur seine Erfolge anschauen. Es gibt gute Gründe, warum er so einmalig ist.

Deshalb haben Sie gemeint, dass Sie nichts dagegen hätten, acht Mal Weltmeister zu werden?

VETTEL (lacht): Warum sollte ich etwas dagegen haben? Es gab auch vor Michael Schumacher eine Formel 1 in Deutschland. Aber er ist zum stärksten Zugpferd für die Massen geworden. Daher ist es auch ganz normal, dass man in Deutschland einen Michael Schumacher zum Vergleich heranzieht. So wie in Österreich mit Lauda oder mit Rindt verglichen wird.

Es gab erst unlängst wieder Gerüchte, Sie würden zu Ferrari wechseln. Und Sie machen auch kein Geheimnis daraus, dass so etwas der Traum eines jeden Rennfahrers sei. Wie groß ist der Drang wirklich?

VETTEL: Um Ferrari, aber auch Mercedes herrscht eben ein Mythos. Und einmal Teil dieses Mythos zu sein, ist für jeden Rennfahrer etwas ganz Besonderes. Auch für mich, da muss man nicht viel um den heißen Brei herum reden. Primär möchte ich aber in einem Auto sitzen, mit dem ich Rennen gewinnen und mit dem ich Weltmeister werden kann. Und das ist im Moment der Fall. Zudem habe ich zur Red-Bull-Familie ja eine ganz besondere Beziehung.

Es soll bereits intensive Gespräche mit Red Bull geben, Ihren Vertrag (Laufzeit bis Ende 2012, Anm.) vorzeitig zu verlängern. Wie weit ist man mit diesen Verhandlungen?

VETTEL (etwas erstaunt): Alles schön Schritt für Schritt. Der Winter ist immer die Zeit für Spekulationen. Jetzt hat 2011 gerade erst begonnen und wir haben genug zu tun heuer.

Ein paar Eindrücke vom ersten Test und vom neuen Auto?

VETTEL: Das ist noch etwas zu früh. Es war sehr knapp, dass unser Auto überhaupt rechtzeitig fertig geworden ist. Daher ging es diese Woche vor allem darum, dass der neue Wagen fährt. Alles andere war sekundär.

Aber dass er zusätzlich auch noch schnell gefahren ist, war kein Nachteil?

VETTEL: Bei der Definition schnell muss man immer aufpassen, das ist relativ. Aber es ist ein sehr gutes Zeichen, wenn man gleich wieder vorne dabei ist.