Red Bull Racing hat seinen Hauptsitz in Milton Keynes in Mittelengland, gar nicht so weit entfernt von Silverstone. Dort werden jene beiden Boliden, die Sebastian Vettel und Mark Webber heuer zu acht Grand-Prix-Siegen pilotiert haben, konstruiert, entwickelt, zusammengebaut. Mit dem heurigen Modell RB6 gewann Red Bull Racing schon vergangenen Sonntag in Sao Paulo den Konstrukteurs-WM-Titel in der Formel 1. Klingt nach nicht viel Österreich. Warum wird nach jedem Sieg überhaupt die österreichische Hymne gespielt? Warum weht vor dem Werksgebäude neben der britischen auch die österreichische Fahne?

Heimische Strategie

Die Red Bull GmbH, Fuschl am See, hat drei Geschäftsführer. Ganz oben steht Dietrich Mateschitz, Gründer von Konzern und Rennstall. Vom Jahresbudget von rund 150 Millionen Euro alleine für Red Bull Racing kommen rund 40 Millionen aus mittlerweile akquirierten Sponsoren, über 70 Millionen sind der vor einer knappen Woche gewonnene Markentitel und die Siege wert. Geld aus dem großen Preisgeldkuchen der Formel 1.

Unter Dietrich Mateschitz lenken der Engländer Christian Horner als Teamchef und der Grazer Helmut Marko als Berater, Koordinator und "Graue Eminenz", wenn man es so ausdrücken will, den Rennstall. "Alle Ausrichtungen, Strategien, Entscheidungen, Business-Meetings, Budgetplanungen passieren in Salzburg. Dort und nur dort wird das alles entschieden", sagt Marko. "Darüber hinaus gibt es viele Österreicher, die gerade in den Bereichen Marketing und PR tätig sind. Zum Beispiel Burkhard Hummel, der für fast alle Sponsortätigkeiten Mitverantwortung trägt. Daher fährt Red Bull Racing in der Formel 1 auch mit österreichischer Lizenz, deshalb erklingt bei jedem Erfolg unser ,Land der Berge' . . ."

Gefragte Leute

Dass die gesamte Technik in England und nicht in Österreich konstruiert und produziert wird, hat einen guten Grund. "Wir haben tatsächlich viele englische Techniker, die zu den besten der Welt gehören, die permanent Angebote von anderen Teams bekommen. Aber sie sind mit ihrer Heimat so verwurzelt, dass sie nie nach Österreich gehen würden", so Marko. Formel-1-Ingenieure sind gesuchte Leute. "Wir würden auch nie einem Adrian Newey sagen, wie er das Auto zu bauen hat", erklärt Marko. "Aber vieles wird in England nach unseren Vorgaben aus Salzburg entwickelt und umgesetzt."

Gibt es überhaupt einen Teil des Autos, der aus Österreich stammt? "Doch, doch. Zum Beispiel alle Pleuel im Renault-Motor baut die Firma Pankl in Bruck an der Mur. Dazu auch gewisse Fahrwerksteile. Und Chassis-Teile kommen vom Salzburger Unternehmen Carbo-Tech."

Nicht zu vergessen der österreichische Schmäh, der in der sogenannten Energy Station, dem dreistöckigen Motorhome von Red Bull im Fahrerlager, das ganze Wochenende läuft. Wo Österreicher kochen, Österreicherinnen servieren und wo natürlich das Red Bulletin, die hauseigene Zeitung, gelesen wird.

Einer der Reichsten der Welt

Dietrich "Didi" Mateschitz (66), groß geworden im steirischen Mürztal, ist der Mann hinter der Idee und dem Konzern Red Bull. Er hält 49 Prozent, die Familie Yoovidhya aus Thailand 51 Prozent. In der vom "Forbes"-Magazin jährlich erstellten Liste der Reichsten der Welt rangiert Mateschitz aktuell auf Platz 208 (Privatvermögen 4,1 Milliarden US-Dollar). In die Formel 1 stieg er vor 15 Jahren als Miteigentümer von Sauber ein. Ende 2004 kaufte sich Mateschitz den Jaguar-Rennstall, heute der Marken-Weltmeister Red Bull Racing.

Der heimliche Teamchef

Anfang der 70er-Jahre fuhr der Grazer Jurist, Immobilien-Magnat und Hotelier Helmut Marko (67) neun Grands Prix, ehe ihm ein Stein ein Auge zerschlug. Für Red Bull sucht er seit Jahren auf der ganzen Welt Rennsporttalente. Markos Job-Beschreibung: Berater des Chefs. Im Klartext: Im Formel-1-Team ist er als rechte Hand von Red-Bull-Boss Mateschitz der heimliche Teamchef.

4,4 Milliarden Dosen pro Jahr

Der Energydrink-Hersteller Red Bull mit Hauptquartier Fuschl bei Salzburg wird im heurigen Jahr seine bisher beste Bilanz in knapp zweieinhalb Jahrzehnten Konzerngeschichte schreiben - mit 4,4 Milliarden (!) verkauften Dosen. Der Umsatz 2009 betrug 3,268 Milliarden Euro. Red Bull beschäftigt in 160 Ländern 6900 Mitarbeiter. Alleine für Marketing werden 1,4 Milliarden Euro ausgegeben, 180 Millionen für die beiden Formel-1-Teams Red Bull & Toro Rosso.