Sie haben derzeit hunderte Berater und Experten, die Ihnen sagen, was in Sachen Stallorder zu tun wäre...

DIETRICH MATESCHITZ: ...und es gibt endlose Rechenspiele, ungefähr 80 Versionen.

Wie enttäuscht wären Sie denn, wenn es mit dem WM-Titel nicht klappen sollte?

MATESCHITZ: Seit Korea läuft es nicht mehr planmäßig. Weil niemand mit einem Unfall und einem Motorschaden gerechnet hat. Diese Doppel-Null hat unsere Vorstellung, wie die Formel-1-Saison zu Ende geht, über den Haufen geworfen.

Mit welchem Weltmeister wäre sie zu Ende gegangen?

MATESCHITZ: Unsere Happy-End-Hollywood-Version hätte geheißen, dass wir nach Abu Dhabi fahren, beide (Mark Webber, Sebastian Vettel, Anm.) noch Weltmeister werden können. Dann hätten wir sie fahren lassen. So, jetzt gibt es plötzlich auch einen Herrn Alonso.

Aber Webber hat nun einmal die deutlich besseren Karten, als sie Vettel hat?

MATESCHITZ: Ich habe da einen sehr pragmatischen Standpunkt. Denn spaßig und spannend ist es allemal. Und im schlimmsten Fall werden wir eben nicht Weltmeister - dann können wir es noch immer nächstes Jahr werden. Egal, was wir machen, es wird immer ambivalent sein, du wirst es nie allen recht machen können.

Wozu tendierern Sie?

MATESCHITZ: Ich gehöre in das Lager, dass wir bei unserer Philosophie bleiben, dass es um Sport geht, wir nicht einmal daran denken sollten, einzugreifen, wir nicht manipulieren. Aber dann sagen natürlich alle, wahrscheinlich die Mehrheit: Was sind das für Vollidioten?

Und wenn Sie doch ein Machtwort sprechen?

MATESCHITZ: ...dann würde es sofort heißen: Ha, ha, das ganze Jahr haben sie groß geredet, jetzt machen sie es auch, sie sind ja nichts besser, als alle anderen.

Also ein klares Nein, irgend etwas zu steuern?

MATESCHITZ: Meine persönliche Meinung und auch die des Teams ist, lassen wir sie fahren und lassen wir es ausgehen, wie es ausgeht. Ist der Alonso vorne, dann haben wir eben Pech gehabt.

Wurde die Frage explizit gestellt: Chef, was machen wir?

MATESCHITZ: Die Frage stellen wir uns seit Monaten. Aber das, was Ferrari gemacht hat (Stallorder in Hockenheim, Anm.), machen wir ganz sicher nicht.

Angenommen, Webber führt, Vettel ist Zweiter, aber er ist vielleicht einen Tick schneller. Darf er attackieren?

MATESCHITZ: Schneller zu fahren heißt nicht vorfahren zu können. Und wenn es nicht zum Überholen reicht - so knapp, wie es zuletzt jedes mal war, wird es nicht reichen - , wäre es dumm, es zu versuchen.

Generelle, hypothetische Frage: Gibt es ein Szenario, wo Sie sagen würden, Red Bull steigt aus der Formel 1 aus?

MATESCHITZ: Wenn Einfluss genommen wird. Wenn Machtmissbrauch derart evident werden sollte, dass man nicht gewinnen kann, weil jemand nicht will, dass man gewinnt. Wir waren da schon sehr knapp dran. So lange der Schnellere gewinnen kann, bleiben wir in der Formel 1.

Was tut sich in der Motorenfrage? Zuletzt wurde über einen Einstieg von VW spekuliert?

MATESCHITZ: Wir werden bei Renault bleiben. Aber Red Bull steht stand-by für eine interessante Partnerschaft. Und selbst die Idee, einen eigenen Motor zu entwickeln, halte ich gar nicht mehr für so absurd.

Zu etwas ganz anderem. Wie viel Kummer bereitet Ihnen Ihre Salzburger Fußball-Mannschaft derzeit?

MATESCHITZ (lacht): Um es etwas schnoddrig zu sagen: Die Sorgen hätte ich gerne.

Aber Sie wollten da doch auch etwas schaffen, das über das Land hinaus strahlt?

MATESCHITZ: Aus Österreich heraus regelmäßig in der Champions League zu spielen - das geht nicht. Selbst wenn du Barcelona oder Manchester United auch nur ein halbes Jahr in Österreich spielen lässt, sind die nicht mehr so gut. Weil sie völlig unterfordert wären. Deshalb schaut unser Fußballkonzept auch anders, etwas inovativer aus.

Wieder ein neues Konzept?

MATESCHITZ: Nein. Aber nur in Österreich zu spielen, das bringt uns nichts. Deshalb haben wir Leipzig. Mit Leipzig wollen wir in fünf Jahren in der Bundesliga sein. Und in Österreich versuchen wir dann mit einer sehr jungen Mannschaft die Spieler an die Spitze heran zu führen.

Trainer Huub Stevens steht weiter außer Diskussion?

MATESCHITZ: Ja. Obwohl, meinem Geschmack nach dürften wir etwas offensiver spielen.

Würde zur Marke passen.

MATESCHITZ: Wenn ich zu Real Madrid fahren würde, ist das schon eine sinnvolle Aufstellung, mit nur einer Sturmspitze. Aber wenn ich auch zu Hause gegen Kapfenberg so spiele...