Locker, unbekümmert, immer strahlend - und verdammt schnell: Red-Bull-Neuzugang Daniel Ricciardo ist mit seinen bisher drei Saisonsiegen sicherlich der Aufsteiger des Jahres. Vor allem, weil er sie ja in einem Jahr erzielte, in dem Red Bull der Mercedes-Konkurrenz deutlich hinterherfährt - und in dem vor allem Weltmeister Sebastian Vettel noch nicht ein einziges Mal ganz oben auf dem Treppchen stand.

Der 25-Jährige wirkt derzeit selbst ein bisschen überrascht, seinen Teamkollegen zumindest zahlenmäßig so deutlich in den Schatten zu stellen. "Ich hatte mir schon zugetraut, mit Sebastian mithalten zu können. Aber dass das letztlich so aussieht, ist selbst für mich ein bisschen erstaunlich. Man muss dabei natürlich auch sehen, dass Sebastian das ganze Jahr über doch einige Probleme mehr an seinem Auto hatte als ich." Die Zusammenarbeit mit dem Weltmeister hat darunter aber nicht gelitten: "Sebastian und ich haben uns von Anfang an gut verstanden, er war immer ganz offen und ehrlich - und er gratuliert mir auch weiterhin immer wirklich ehrlich zu meinen Erfolgen; ich glaube, er hat da mit mir wirklich kein Problem."

Gewaltig unterschätzt

Eher schon damit, immer wieder darauf angesprochen zu werden, auch da und dort lesen zu müssen, Ricciardo habe ihn "entzaubert", laufe ihm bei Red Bull den Rang ab: "Andererseits kenne ich das ja schon, ich weiß ja, wie schnell viele Leute ihre Meinung ändern", meint Vettel. Die öffentliche Einschätzung kommt zum Teil wohl auch daher, dass viele Beobachter Ricciardo zunächst einmal gewaltig unterschätzten - obwohl der Australier schon in den Nachwuchsformeln sein Supertalent immer wieder unter Beweis stellte.

Dass er diese Tendenz jetzt bei Red Bull fortsetzt, fast keine Fehler macht und in seiner Debütsaison im Weltmeisterteam einen perfekten Job abliefert, sollte dabei eigentlich gar keine so große Überraschung sein. Dass Sebastian Vettel aber unter normalen Umständen durchaus nicht langsamer ist, dass er vor allem durch die Umstände für flüchtige Betrachter viel schlechter aussieht, als er in Wirklichkeit dasteht, ist auch eindeutig. Dass der viermalige Weltmeister das Fahren nicht verlernt hat, zeigt er ja immer dann, wenn ihn die Technik gerade mal wieder nicht im Stich lässt - was heuer allerdings gar nicht so oft der Fall war.

Eine Sekunde

Und in Situationen, in denen es speziell auf seine eigenen Qualitäten ankommt: im Regen-Qualifying zuletzt in Spa zum Beispiel, als sich die Probleme an seinem Auto, die im Trockenen vorher und nachher massiv zutage traten, nicht so bemerkbar machten. Prompt stand Vettel vor seinem Teamkollegen, nur um dann im Rennen, im Trockenen, wieder im Schnitt eine Sekunde auf Ricciardo zu verlieren. "Es muss sich um etwas Gröberes am Auto gehandelt haben, anders ist so etwas nicht möglich", ärgerte sich der Heppenheimer da - "immerhin sind beide Autos identisch und sollten deshalb auch die gleiche Leistung bringen." Prompt tauschte Red Bull für Monza Vettels Chassis.

Tatsache ist auch: Durch die vielen Defekte, die immer wieder sein Auto betrafen, ist Vettel in dieser Saison bisher - Trainings, Qualifyings und Rennen zusammengenommen - 1146 Kilometer weniger gefahren als sein Teamkollege.