Malaysia als Gastgeber der Formel 1 - das ist in diesen Tagen eine besondere Beziehung. Das Land steht noch total unter dem Eindruck der Flugzeugkatastrophe von MH 370, sowohl in den Medien als auch in der Bevölkerung gibt es kaum ein anderes Thema. Zwar wurde keine offizielle Staatstrauer angeordnet, doch zumindest in einigen Provinzen sind die Flaggen auf halbmast gesetzt, der Schock sitzt tief. Und rein räumlich ist die Formel 1 dem ganzen Drama hier auch noch extrem nahe: Die Strecke von Sepang liegt schließlich nur gute zehn Kilometer vom internationalen Flughafen von Kuala Lumpur entfernt, wo der Unglücksflug MH 370 vor fast drei Wochen startete. Bis zum Sonntag war das Sana-Sana-Hotel direkt am Airport auch das Medienzentrum für die Berichterstattung über die Flugzeugkatastrophe. Als dann die Formel 1 mit ihrem Tross anrückte und das Hotel wie jedes Jahr praktisch komplett belegte, wurden die täglichen Presskonferenzen der Regierung in die Stadt verlegt, auch einige der chinesischen Angehörigen, die zunächst in jetzt von der Formel 1 belegten Hotels untergebracht waren, mussten umziehen.

Weniger schrille Töne

Da macht sich auch Streckenchef Razlan Razali Gedanken, ob die Leute wohl am Sonntag auch tatsächlich kommen würden, ob in ihren Gedanken und Gefühlen im Moment überhaupt Platz sei für die Formel 1 – obwohl der Vorverkauf zunächst einmal sogar besser lief als im Vorjahr. Gedanken an eine Absage des Rennens habe es aber seitens des Veranstalters nie gegeben, auch wenn wohl da und dort die Frage gestellt worden sei – speziell nach der endgültigen Erkenntnis am Montag, dass es keine Hoffnung mehr gebe. "Aber es war für uns schon seit einiger Zeit klar, dass wir das Rennen an sich auf jeden Fall durchziehen werden.“ Nur im Showprogramm rundherum soll es deutliche Abstriche geben, wie auch schon beim Laureus-Award am Mittwoch Abend in Kuala Lumpur. Hauptsponsor Petronas hat einige Konzerte in der Stadt abgesagt, die an der Strecke sollen in gedämpfterem, "der allgemeinen Stimmung angemessenen Rahmen“ stattfinden.

Warum nicht wenige in Malaysia trotz der allgemein immer noch sehr gedrückten Stimmung es für wichtig halten, das Rennen auf jeden Fall durchzuziehen: Um der Welt gegenüber ein positives Zeichen zu setzten, zu zeigen, dass man hier sehr wohl in der Lage ist, mit Herausforderungen fertig zu werden. Viele hier fühlen ihr Land von der Berichterstattung in den ausländischen Medien über die Flugzeugkatastrophe und den Umgang damit zu Unrecht angegriffen. Große Zeitungen wie die "New Straits Times“ wiesen des öfteren auf fehlerhafte Berichte und Unkenntnis der lokalen Gegebenheiten hin. Da wurde zum Beispiel in der Kritik über das "Schlafen“ des malaysischen Militärs schon mal der Faktor vergessen, dass sich die Maschine in der meisten Zeit, in der die das heimische Militärradar auf dem Schirm hatte, überhaupt nicht in malysischem, sondern im thailändischen Luftraum befand. Die Meldung, Malaysian Airways habe die Angehörigen nur per SMS über die Gewissheit des Absturzes informiert, drehte zum Beispiel auch die BBC einen fast einen ganzen Tag lang anklagend weiter – obwohl deren eigene Korrespondentin in Kuala Lumpur sofort versuchte, den Sachverhalt klarzustellen: Es habe sehr wohl persönliche Gespräche und Telefonate mit Angehörigen gegeben, die man so erreichen konnte – die SMS ging an diejenigen der etwa 1000 Angehörigen in 14 Ländern und den verschiedensten Zeitzonen von Kanada bis Australien, die man anders in den zur Verfügung stehenden 30 Minuten bis zum Beginn der offiziellen Pressekonferenz der Regierung am Montagabend nicht mehr erreicht hätte.

Helme mit Botschaften

"Wir sind kein unfähiges, unorganisiertes Entwicklungsland, so wie das zum Teil dargestellt wird“, das hört man immer wieder – und das will man auch mit dem Grand Prix beweisen. Mercedes ist durch seinen Hauptsponsor Petronas dem Land und dem Rennen hier besonders verbunden, wird deshalb auch am Wochenende ein besonderes Zeichen setzen. Die Autos bekommen einen Aufkleber mit der Aufschrift "Tribute to MH 370“, die Helme von Lewis Hamilton und Nico Rosberg werden den Satz in der Landessprache tragen.

Schon bei einer Demonstrationsfahrt in Kuala Lumpur am vergangenen Sonntag, als das Schicksal der Maschine noch nicht endgültig geklärt war, hatte man die Aufschrift "Pray for MH 370“ auf den Autos. Auch das Caterham-Team, das ja dem malaysischen Air-Asia-Besitzer Tony Fernandes gehört, plant spezielle Solidaritätsbekundungen, am Sonntag vor dem Start soll es außerdem eine offizielle Schweigeminute geben. Fans an der Strecke können außerdem auf einer Kondolenzwand Nachrichten hinterlassen – solche Tafeln stehen schon überall im Land an sehr belebten Orten, vor allem auch in vielen Einkaufszentren.Vergessen nein, Weitermachen ja, irgendwie zurück in die Normalität finden: der Grand Prix könnte zumindest für einige in Malaysia auch ein kleiner Schritt auf diesem Weg sein.